Kostümprobleme Teil 3

Verfasst am: 23. Juni 2015 von Barbara Keine Kommentare

Teil 3
2 Tage lang habe ich aus einem seidenen Schal eine Rüschenbluse im Retrostil genäht, mit der Hand und mit 100mal eingefädelter Nähseide in einer kaum noch zu sehenden dünnen Nadel. Es ist ein wunderschönes Stück geworden, wie ein Pariser Lufthauch. Aber als wir dann aufbrachen zum großen Chortreffen im Kulturzentrum, habe ich es nicht anziehen können, weil die Seide bei 38 Grad Hitze unerträglich war und noch zusätzlich wärmte. Nein, fort damit!
Und was nun?
Ach, dachte ich, ich gehe einfach gar nicht erst hin.
Allerdings, wenn man erst auf der Bühne steht und der Adrenalinstoß kommt, ist das alles ja vergessen. Also, fahren wir doch hin, schön mit Zugwind um die Ohren, hinter denen heute eh keiner ganz trocken ist.

Da hatten sich doch tatsächlich 150 Sänger und Zuhörer versammelt, alles bedauernswerte Menschen, die nicht am Strand oder bei einem Espresso unterm Sonnenschirm sitzen wollten oder konnten. Alles drängelte sich im Foyer und wartete auf den Beginn. (Offiziell um 16 Uhr, stand im Programm.) Wir warteten von 14 Uhr bis 16.30, schwitzten erbärmlich, tranken viel Mineralwasser und bewunderten einander wegen des jeweils gelungenen luftigen Outfits nach Wunsch des Dirigenten. Wo hatten die Chorschwestern nur alle diese Klamotten entdeckt??
Ja, wir – also unser Chor – wurden sehr beneidet von den anderen Chorsängerinnen, die alle in ihrem obligaten Kostüm erscheinen mussten. Das ist immer ein schwarzer Rock oder eine schwarze Bluse, ein schwarzes Oberteil und eine Stola, deren Farbe auch die Herrenkrawatten aufweisen müssen. Der eine Chor hatte eine goldgelbe Stola mit Fransen, der andere eine weinrote mit Perlenfransen, einer hatte weinrote Kostümjacken als Pflichtkleidung und der nächste unterschied sich ebenfalls nicht sonderlich. Das Rampenlicht strahlte und heizte uns kräftig ein.

Es gibt auch ein Foto von uns, das wir uns Tage später betrachten konnten. Da stehen die Senhoras recht bunt zusammengewürfelt auf der Bühne, die Männer mit offenen Hemden dahinter (ohne Jackett). Schon eine recht merkwürdige Chorkleidung, denkt man so. Oder ist es vielleicht gar keine angeordnete, vorgeschriebene bewusste Chorkleidung? Nur so mal eben aus der Mottenkiste herausgesucht??
Das sind doch die Klamotten, die wir trugen, als wir noch jung und frisch waren, nennt man das jetzt Retrolook, ist das jetzt französisch, schick und modern?

Vielleicht träume ich mal von dem ganz richtigen und tollen Chorkostüm für uns, dann gehe ich damit zum Maestro – oder erstmal in eine Näherei und dann in Serie…

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