So schön wie hier kanns nur im Himmel sein

Verfasst am: 26. Dezember 2011 von Barbara Keine Kommentare

So schön wie hier kann es nur im Himmel sein

Wir wollten also zum 13. Mal die Weihnachtsgeschichte spielen. 13 ist in Portugal die Glückszahl, denn am 13. passierte in Fatima immer etwas, da erschien die Nossa Senhora und danach änderten sich die Menschen – oder auch nicht.
Diesen frommen Wahn, dass das diesmal besonders schön werden müsste, konnte ich aber nach der ersten und einzigen Zusammenkunft der Mitwirkenden abstreifen. (Was heißt überhaupt: “Mitwirkende”…, so richtig wirkte wirklich eh keiner mit, so voller Begeisterung. Naja, sie wissen ja: Wir machen das schon!)

Mir fiel der Satz des Weltstars und Dirigenten im Film “Wie im Himmel” ein, der einem schwedischen dörflichen Kirchenchor zuhört. Der Chor möchte sein Urteil hören und singt ein Weihnachtslied vor. Nach ihrem Chorlied schweigen alle und schauen den großen berühmten Musiker erwartungsvoll an.
Und dann sagt er: “Da war einiges recht schön!”
Erst nach Minuten kommt der Satz bei allen an: “Er hat gesagt, da war einiges recht schön!” Sie fallen sich um den Hals und lachen und strahlen und wiederholen sein Lob und sind ganz ausgelassen vor Glück.

Bei uns hat keiner etwas gesagt.
Da war niemand, dessen Urteil uns glücklich gemacht hätte.

Aber ich finde, da war einiges recht schön!

Diesmal legte der Josef sein eigenes neugeborenes Kind in die Krippe, es ist 14 Tage alt. Josef schaute es voller Liebe an, wiegte es zärtlich und sang: “Das Kindlein schläft in Josefs Armen – O menino esta dormindo nos braços de Sao José”.
So schön war diese Szene noch nie, wir schmolzen dahin und wischten die Tränen der Rührung weg.
Neben ihm stand die Ersatzmaria in Gestalt von Mariauguschte, die für die erkrankte Gloria eingesprungen war. Sie spielte die Rolle ihres Lebens sehr überzeugend. Ich glaube, sie war sehr glücklich.
Der nette Jonathan, der zur Familie gehört, war ein Engel und stand auch bei der Krippe, er hätte soo gerne Flügel gehabt aus zarter Seide mit Strasssteinen und Marabufedernbesatz. Aber wir hatten ja nur ein Paar Flügel, und das hatten wir Helene angepasst. Helene war 1 Minute vor Beginn in die Sakristei gekommen: sie wollte ein Engel sein! Beim Krippenspiel kann man Tausende von Engeln brauchen und einsetzen, solange die himmlischen Gewänder ausreichen. Ja, komm, schnell, welche Freude! Wir hatten aber nur noch das Tüllkleid und die Schmetterlingsflügel von dem dicken Engel, der schon am Vormittag damit gar prächtig das Fest verschönt hatte. “Warum kriege ich keine Flügel?”, klagte Jonathan. Tat mir ja leid. So ein hübscher rotwangiger gesunder Junge mit Weltschmerz… Außerdem finde ich diese Jugendstil-Elfenflügel so dämlich, sie passen gar nicht zu ihm. Aber das kann ich ihm doch nicht sagen. “Ach, weißt du, das ist nur was für kleine Mädchen-Engel”, das leuchtete ihm schließlich ein, hoffe ich.

Die mexikanischen Missionsschwestern waren mit dem Padre gekommen und sangen mit hellen Stimmen ihre mexikanischen Wiegenlieder. Die meisten in dieser Gemeinde verstehen Spanisch, denn sie haben viele Jahre in Venezuela gelebt.

Wir sangen deutsch: “Vom Himmel hoch, o Englein, kommt!” Und der Chor sang kraftvoll die beliebsten portugiesischen Lieder, auch eins mit lateinischem Text, da wurde gejubelt mit Menschen- und Engelszungen.
So schön und international kanns nur im Himmel sein.
(Leichte Abwandlung von Schlingensiefs “So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein”. Hatte der denn einne Ahnung vom portugiesischen Himmel und den Engelsstimmen aus unserem Dorf?)

Und dann die würdigen Weisen aus dem Morgenland! Wir hatten als zweiten König den Antonio dazugewonnen, der seine Rolle sehr ernst nahm, als Einziger pünktlich zur Probe gekommen war und wirklich majestätisch daherschritt. Vielleicht kriegen wir das eines Tages auch noch mit dem richtigen Weihrauch hin, aber seit damals das Weihrauchgefäß im Stall von Bethlehem umkippte und die Kohle ein Loch in Rosas Bettvorleger brannte, verzichten wir auf dieses authentische Detail und schmökern lieber hier zuhause in weihevollen Stunden.

Mit dem Schwarzen hatten wir mehrmals eindringlich geredet, dass keine athletische Hochleistung in Form eines Bauchklatschers von ihm gefordert ist, sondern eine höchst devote Anbetung, wo er sich auf dem Boden ausstreckt und diesen küsst, nachdem er mit erhobenen Armen Gott im Himmel gepriesen hat, der uns seinen Sohn schenkt. Rinaldo hat diesen Schwarzen im letzten Jahr mit großen Gefühlen und vollem Einsatz gegeben, er hat Maßstäbe gesetzt und sogar ein Zettelchen mit den arabischen Worten in den schwarzen Handschuh gesteckt, damit alle Generationen nach ihm sagen können. Allamaté, allematá, echnatú.

Der dritte König machte das auch (nach 10 Wiederholungen bei der Probe) sehr gut. Aber als er sich nun hinwarf, um den Boden zu küssen, fiel sein mit Perlen und Gold bestickter Turban herunter, und er griff hastig danach und stülpte ihn sich wieder auf den Kopf, aber leider falsch herum, so dass ihm die Perlenfransen in die Augen hingen, und blind und beschämt ging er schnell davon. Dabei war das eine sehr königliche Geste und eine sehr portugiesische obendrin. Die portugiesischen Könige tragen nämlich keine Krone mehr, seit im 17. Jhdt. der König João IV. (oder Pedro?) seine Krone Maria, der Muttergottes, der Patronin von Portugal, geschenkt hat. Das war im Dezember 1640. Nur die Jungfrau Maria darf hier die Krone tragen, denn sie ist die wahre Königin Portugals.
Also hätten wir diesen prachtvollen königlichen Kopfputz ruhig vor der Krippe liegen lassen können als Zeichen unserer tiefsten Verehrung.

Oh ja, ich muss bekennen, vieles war recht schön bei unserer Weihnachtsgeschichte.
Auch dass der erste König wie selbstverständlich das Baby küsste, das Maria Imperatore ihm hinhielt, und die anderen taten es ihm nach. Und alle defilierten am Padre und dem Kind vorbei und küssten den Deus Menino, der vorher in der Efeuhütte auf der Bibel gelegen hatte, damit jeder versteht: Das Wort wurde Fleisch, besser noch: Das Wort wurde Mensch, Gott wurde Mensch. Und weil sich keine Hirten gefunden hatten, die anbetend und demütig vor der Krippe knieen wollten, kniete sich der Pastor alleine dort hin, stellvertretend für alle. Wie Willy Brandt damals am 7. Dezember in Polen.

Ja, da war einiges recht schön.

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