Portugalschlusspanik

Verfasst am: 3. September 2011 von Barbara 1 Kommentar

Portugalschlusspanik

Dass Coimbra mais encanto na hora de despedida hat, sangen die Studenten schon seit der Erfindung der Fados. Diese Geschichte mit den studentischen Fados ist höchst interessant und brennt mir jetzt direkt unter den Nägeln – was für eine Redensart! – , ich müsste das noch mal verifizieren, wie und wann entstand der Fado de Coimbra eigentlich? Aber das kann ich jetzt nicht machen, denn ich bin gerade in einer Phase, wo es gilt, Abschied von Portugal zu nehmen, nur mal vorübergehend und mit der Aussicht auf baldiges Wiederkommen. Aber es ist eine schreckliche Phase, ich nenne sie Portugalschlusspanik. Das Wort habe ich erfunden. Torschlusspanik kennt man ja, aber meine PSP ist viel schlimmer, denn niemals war das Wetter so schön, niemals waren die Nächte so warm, niemals waren die Feigen so reif, die Katzen so niedlich, das Essen so gut, die Nachbarn so freundlich wie in den Tagen vor der Abreise. Das Meer, das immer da ist, war in den letzten Tagen so schön, dass ich mich hineinstürzte und keine Lust hatte, wieder herauszukommen. Alles strengt sich an, einem das Leben und den Abschied besonders schwer zu machen. Noch ein besonderes Glas Wein, noch einmal zum Konzert auf dem Dorfplatz, ein letztes Mal durch den Wald und am Strand laufen, noch einmal schnell jemanden besuchen, noch einmal Bacalhau oder ein Frango essen, Henkersmahlzeiten… Und dann versagt mal schnell das Internet, und der Drucker hat einen Defekt, die Waschmaschine gibt den Geist auf, die Kaffemaschine explodiert, die ungeschriebenen Briefe und Texte und Danksagungen schreien.
Wissen die Leute, die seit ihrer Geburt hier leben, immer nur hier im Dorf, die nie fortgehen und nie emigrieren und was anderes wollen, wissen die eigentlich, wie unsereins leidet?
Nein, wie denn auch.
Aber sie kennen auch nicht das Glücksgefühl beim Wiederkommen.

Eine Antwort

  1. PSP – Polícia de Segurança Pública bekam einen neuen Sinn: Portugalschlusspanik! Abschiednehmen kennen die Millionen von Menschen, die ihr Land für immer verlassen haben oder aber auch die, die in einem anderen Land ihr neues Zuhause gefunden haben. Ständig nehmen sie Abschied, über Jahre, Jahrzehnte hinweg, wenn sie auf Reisen gehen, aus welchem Grund auch immer. Das Glücksgefühl aber, das diese Menschen, die den schmerzlichen Abschied kennen, bekommen, ja, sie bekommen es als Geschenk, als ein ganz besonderes Geschenk, immer wieder, das ist unbeschreiblich! Also ist es auch ein Geschenk, zwischen zwei Ländern hin und her pendeln zu dürfen. Denn überall kommt man an. Das ist auch herrlich: immer wieder ankommen zu dürfen. Aber wir können nur ankommen, wenn wir auch vorher irgendwo abgefahren sind. Ist die Fahrt selbst nicht auch etwas Wunderbares? Das Gefühl, gleich komme ich an, bewirkt im Inneren des Menschen auch Freude, Vorfreude!!!
    In diesem Sinne wünsche ich allen, die gerade abgefahren sind, grosse Vorfreude auf die Ankunft, entweder “Zuhause” oder “In der Ferne”. “Die Entfernung trennt nicht diejenigen, die lieben.” (José de Paiva Netto). So braucht auch niemand sich traurig zu fühlen, wenn er von “dem geliebten Land” getrennt ist, denn die Liebe zu ihm überbrückt die Entfernung.

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