Das Zauberwort IMAGINAÇÃO
Bei der Ausstellung hörte ich mehrmals das Wort IMAGINAÇÃO. Es wurde auch ins Gästebuch geschrieben. Einige Leute gratulierten uns wegen der Imaginação. Ich verstand das so, dass sie verwundert waren, was wir in den Wurzeln und Stricken und Gebilden alles sahen. Phantasien, Spinnereien und Träume. Ich weiß nicht, ob das nun etwas Schönes oder etwas Verrücktes, Ungewöhnliches ist. Die Menschen hier sind ja eigentlich sehr realistisch. Wie reagieren sie auf solche Einfälle und Phantastereien, wenn einer in einem Zweig einen Geigenbogen sieht und dazu die Musik des Meeres hören?
Musste erst einmal im Wörterbuch nachschauen.
Das deutsche Wörterbuch sagt: Imagination ist Phantasie, Einbildungskraft, bildhaft anschauliches Denken, das portugiesische erklärt den Begriff so: faculdade de conhecer e criar; faculdade de representar no espírito os objectos ausentes; pensamento imaginário; coisa imaginada; fantasia; crença fantástica; superstição; cisma;apreensão; devaneio.
Das hört sich ja ganz schön an, aber damit werden unsere Bilder eigentlich nicht richtig verstanden. Hier sollte ja nichts imaginiert werden, sondern nur darauf hingewiesen werden, wie schön die Natur ist – wie schön jede Muschel und jeder Stein, jede Schnecke, jedes Fischernetz, jede Ansammlung von Strandgut, Treibholz, Flaschendeckeln ist. Wir jedenfalls fanden das ganz realistisch und einfach schön.
Solch ein Ausdruck ist nach meiner Erfahrung ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ein Lob: Welch eine Vorstellungskraft, solche Zusammenhänge in diesem "Abfall" zu entdecken! Das ist "außer"-gewöhnlich.
Und damit ist andererseits auch gesagt: Es ist eben exotisch, so zu denken und dies aus dem Gewöhnlichen herauszulesen. Und damit geht es uns letztlich doch nichts an.
Es müsste eventuell auch noch eine konkrete Botschaft mit der Ausstellung verbunden sein. Etwa die, dass sie dazu anregt, gegen die Strandverschmutzung ein Programm aufzustellen. Aber das geht wohl nicht mit einer Kunst-Ausstellung.