Am Strand

Verfasst am: 5. Februar 2011 von Barbara Keine Kommentare

Bei den täglichen Wanderungen am Strand denke ich über die Unendlichkeit dieses Ozeans (und natürlich- das drängt sich auf – über die eigene Endlichkeit) nach, über diese unaufhörliche Kraft , mit der das Meer das Land zurückholt und den Sand anspült, den dann der Westwind zu meterhohen Dünen ans Ufer weht. Alle Stege sind zugeweht – wie die Winterlandschaft in Deutschland bei starkem Schneefall. Man sieht kein Geländer und keinen Pfosten mehr unter den weißen Sandverwehungen.  Die Unermüdlichkeit der rollenden Wellen.
Und die Veränderungen der Küste einerseits, die ewig gleichbleibende Landschaft andrerseits: ewig ist das Meer, ewig der Himmel, der Sand.
Und doch verändert sich alles täglich.
Was haben wir früher, vor 20 Jahren – für Jakobsmuscheln und Schnecken gefunden! Wo sind die eigentlich heute? Und wo sind die Sardinenboote? Ist der Ozean abgefischt?
Und plötzlich finde ich ein so schönes seltenes  Exemplar von Schneckenhaus, da liegt es, mir direkt vor die Füße gespült.
Die Farbigkeit dieser Schätze des Ozeans ist einfach unbeschreiblich vollkommen und harmonisch abgestimmt, keiner wird je mit Öl- und Acrylfarben diese vollkommene Farbkomposition nachbilden, und die Formen sind überzeugend in ihrer Einfachheit. Ich klebe meinen Fund auf eine Platte und bin überwältigt: Ich finde das schön, wunderschön.

Vielleicht empfand das auch der einsame Spaziergänger (ein Fischer oder Angler, es gibt sonst kaum Menschen am Strand), der uns strahlend entgegen kam und mir eine rosa-rötlich-braun-beige gestreifte Jakobsmuschel schenkte, eine Seltenheit in jeder Hinsicht: der Mensch und das Geschenk und diese Muschel.

Ja, außer den Anglern und den Fischern, die sich um ihr Boot und ihre Netze und ihre Landestelle kümmern, treffen wir kaum jemand: Doch, es gibt einen Fischer, der immer schon vor uns da gewesen ist, wenn wir am Wasser entlang gehen, ich kenne den Abdruck seiner Schuhsohlen, vor allem kenne ich seine Spuren, denn er geht mit den Füßen ziemlich einwärts gekehrt, er geht "über den großen Onkel". Wir versuchten öfter mit ihm zu reden, aber der ist sowas von einsilbig…
Ja, wenige Menschen. Da gibt es auch keinen Zivilisationsmüll, außer Hunderten von Platikflaschendeckeln in allen Farben. Wobei die Farbigkeit dieser Deckel bei der ständigen Salzwasserwäsche und der Sonneneinstrahlung stark leidet: Alles sieht verwaschen und ausgeblichen und abgenutzt aus. Diese traurigen müden matten Farben , echt portugiesische Saudade-Traurigkeit-Schwermut.

Was für ein ursprüngliches und wohl erhaltenes Stück Natur ist dieser Atlantikstrand, nein, kein "Stück", das ist ein unzutreffendes Wort für dieses Naturreservat! Ein Weltkulturerbe, das sich jeder Vergewaltigung und Handhabe durch Menschen, jedem Gestaltungswillen entzieht. Schau dir die gewaltigen Felsbrocken an, die das Wasser täglich vom Damm löst und hinausschleudert. Wo früher einmal "unser Strand" war und wir unter Sonnenschirmen lagen und träumten, ist kein Streifen Land mehr zu sehen. Das Meer klatscht an den Damm wie an eine hohe Kaimauer, und wir stehen oben auf dem Kamm und schaudern, weil wir spüren, wie diese Kaimauer unterirdisch angenagt wird. Da drüben ist schon alles eingestürzt.

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