Komm runter oder ich säg den Baum ab!

Gestern auf der Nachmittags-Waldwanderung hörten wir plötzlich ein Krachen und Splittern, schrille Schreie und aufgeregte Rufe, dann schoss aus dem Farnkraut ein roter Handfeger, eine rote Katze mit aufgestelltem Schwanz an uns vorbei, danach kamen zwei völlig echauffierte Nachbarinnen in ihren Sonntagskleidern aus dem Unterholz hervorgebrochen, die nach Luft und Atem rangen.
"Was ist passiert? Ist ein Baum umgestürzt? Ist jemand erschlagen worden?"
Als sie sich mühsam gefasst hatten, immer wieder hustend und "Jesus Maria" ausrufend, erfuhren wir, dass Marias Katze schon seit 8 Tagen verschwunden war. "Und das geht doch nicht, sie hat doch Junge." Obwohl überall nach ihr gesucht wurde – keine Spur. Heute ging nun Maria mit Ihrer Nachbarin traurig den Wallfahrtsweg zu Santo Gregorio entlang, und was sieht sie oben in einer 20 Meter hohen Pinie?  Da sitzt ihre rote Katze. "Die sitzt da schon seit 8 Tagen, stellt euch das vor!"
"Katze, komm runter, komm runter", aber das Tier miaute nur kläglich und bewegte sich nicht. Die Katze saß auf einem der wenigen Seitenäste ganz oben auf den letzten 2 Metern. Die 18 Meter Stamm hatten keine Zweige oder Äste, sie waren glatt wie die Kletterbäume auf Jahrmärkten, wo der kühne Kletterer dann, falls er die Spitze erreicht, die Wurst oder den Bacalhau als Siegespreis
abschneiden darf.
Die Katze war zwar raufgekommen, aber erstens war da oben keine Wurst zum Überleben und zweitens konnte die Katze nicht rittlings oder rückwärts runterrutschen.
"Komm runter", riefen die beiden Frauen, sahen dann aber ein, welch großes Problem hier vorlag und dachten sich was ganz Praktisches aus, Portugiesische Frauen können so was. Eine flitzte also nach Hause und holte eine Handsäge, dann begannen sie in 1 Meter Höhe den Baum abzusägen  - immer in ihren feinen Sonntagskleidern. Was sie da machten, war höchst gefährlich, aber es wirkte ja: Der Baum stürzte um, die Katze sprang auf den Boden und fegte nach Hause, die Frauen waren völlig außer Atem und aufgebracht.
Aber auch glücklich. Die Katze war wieder da.

"Wem gehört eigentlich das Waldstück? Darf man denn hier einfach so 20 Meter hohe Pinien umlegen?", frage ich. Typisch deutsch.