Danksagungen für San Gregorio

Verfasst am: 17. Juni 2009 von Barbara Keine Kommentare

Danksagungen

An der Kapelle des Heiligen Gregorius, der hier im Dorf durch den Arzt Dr. José Gregorio aus Venezuela vertreten wird, an dieser Kapelle, die wegen ihrer Plastiküberdachung und weithin sichtbaren Aufschrift aussieht wie eine italienische Eisdiele mit Pizzeria, treffen sich am Sonntag ganze Pilgerströme von Hilfesuchenden. Sie legen Mengen von Blumen nieder und zünden Kerzen an und beten ihren Rosenkranz und reden miteinander. Das ist sicherlich heilsamer als das schweigende Vor-sich-hin-Brüten und dumpfe apathische Warten beim Arzt oder im Hospital. Weshalb es denn auch bei Dr. Santo Gregorio zu so manchem Wunder kommt.
Nun hat sich die Stifterin, eine reiche Emigrantin, etwas Neues zur Verschönerung des Ortes einfallen lassen. Ich habe manchmal schon gemeint, die Gestaltung dieses Ortes kann gar nicht mehr überboten und gesteigert werden, aber da kennt man die frommen Leute nicht, wenn man so was denkt.

Die Stifterin möchte nun an den Wänden der inzwischen 2 Kapellen, möglichst innen und außen, Votivtafeln anbringen. Das sind rechteckige Azulejos in 2 verschiedenen Formaten, auf denen Danksagungen in blauer Unterglasur stehen. Und weil sich die Menschen, die auf dem Lande besonders, ja immer so schwer tun mit Formulierungen, hat sie 12 Mustersprüche zum Vorschlag gebracht.

Ich stand da und las:
1. Danke, San Gregorio, für die gewährte Gnade.
2. Danke, weil du meine Gebete erhört hast.
3. Danke, weil du meine Verzweiflung gehört hast.
4. Danke für meine Rückkehr zum Leben. (2 Varianten)
5. Du bist das Licht meines Lebens.
6. Danke, weil du beim Vater im Himmel ein Wort für mich eingelegt hast.
7. Du hast mich erhört.
8. Ich habe Glück in meinem Hause.
9. Danke, du gabst Freude in mein Leben und hilfst mir zu vergessen, was ich erlebt habe.
10. In meiner Verzweiflung hast du mich begleitet, dafür danke ich dir.
Und dann noch:
Danke, du hast mir den Glauben geschenkt.

Ich wundere mich darüber, dass man einem Arzt nicht konkret für Wundheilung, die gelungene Operation und das richtige Medikament dankt, sondern so vage für Glück, Freude und Trost. Ist wohl alles Psychosomatik.
Ich weiß noch immer nicht, wer da eigentlich angeredet wird, der Arzt und Mensch –  oder wahrscheinlich doch ein Heiliger, der beim himmlischen Vater ein Wort einlegen kann. Kannitverstan.

Aber kann ein Heiliger den Glauben schenken? "Ich danke dir, du hast mir den Glauben gegeben." Ich kenne so viele Gottsucher, unglückliche Menschen, die gerne glauben würden – sollten die vielleicht besser einfach zu einem Arzt gehen?
Aber kann ein venezulanischer Arzt Glauben vermitteln, vorausgesetzt man schenkt ihm Glauben?

Ich gehe gedankenschwer von dieser Wallfahrtsstätte fort und überlege, was ich aus Dankbarkeit mit blauen Buchstaben auf eine Kachel schreiben würde. Aber mein Herz ist so voll, dass das alles niemals auf eine Kachel passt.

Eine Antwort verfassen