Der auferstandene Quempas

Verfasst am: 9. Januar 2009 von Barbara Keine Kommentare

Der wieder auferstandene Quempas

Was so ein richtiges Portugiesenherz ist, das schlägt auch in tiefster Traurigkeit und unter Aschehaufen begraben. Muss nur der Richtige kommen, der es aufweckt. Ja, und wer ist der Richtige? Na, auf jeden Fall ein echter Portugiese mit viel Gefühl. Oder mit Augustinus gesagt: "In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst."

Kamen also gestern zwei original portugiesische Fadistas mit ihren Instrumenten in die kalte Kirche, um uns bei unserem Gesang zu unterstützen. Ich muss dazu sagen, dass sich in diesem Gesang zum Dreikönigskonzert schon eine ziemliche Resignation und Müdigkeit breit gemacht hatte, es schleppte sich nur noch so dahin, es gab niemals Lob und auch keine Begeisterung und nur die Aussicht auf einen ziemlich hoffnungslosen Beitrag beim Wettstreit zu Ehren der Heiligen Drei Könige, die nun endlich – vielleicht – in Portugal ankommen würden. In Portugal, dem westlichsten Rand von Europa, wo es schon Frühling werden will und Ostern vor der Türe steht, so dass man aufpassen muss, dass nicht statt der Könige der Lenz hereinbricht oder, was ich noch schlimmer finde, der Karneval. Die drei Weisen aus dem Morgenland mit Narrenkappe… Ist mir schon mehrmals aufgefallen, wie schnell die Kopfbedeckungen vertauscht werden können.

Die zwei älteren Männer stellten sich also neben den Dirigenten, nahmen ihre Instrumente zur Brust, der eine seine Gitarre (viola), der andere seine Mandoline (die bandolina mit 12 Saiten ist aber nicht bauchig wie eine Mandoline), und lächelten. Schon sprangen alle auf, die freundlichen Blicke und schäkernden veränderten die Menschen und beschwingten sie zusehends. Die Frauen rissen sich die Umschlagtücher, Wollschals und Kopftücher vom Kopf und schwangen sich mit ihrem Sopran zu himmlischen Höhen auf. Die Männerstimmen powerten dagegen: Konkurrenz belebt das Geschäft.

Je später die Nacht, desto schöner der Gesang, denn die Fadistas spielten mit Hingabe und Herz und Leidenschaft, ohne Noten und nur nach ihrem Gefühl, ihrem tiefen, portugiesischen saudadischem Gefühl. Und wenn sie unterbrachen und freundlich erklärten: "Jetzt müsst ihr diese oder jene Schleife singen, jenen Schnörkel wiederholen", wurde das sofort verstanden, und alle waren sehr glücklich.

Was wohl ein Portugal-Tourist für dieses Nachtkonzert (jetzt begreift man auch, warum der Sinvogel Nacht-igual heißt) in der dämmerigen Kirche mit den schönsten fados und dem hinreißenden Chorgesang geben würde!

"Ihr müsst wissen, dass unsere Musik nicht nur die Ohren, sondern auch die Herzen der Zuhörer erreichen soll. Und unsere Zuhörer sind Emigranten aus Nord- und Südamerika, Europa und aller Welt Enden, für sie ist Weihnachten diese traditionelle Musik, die wir hier machen, aber sie kennen inzwischen auch die Musik der Länder, wo sie jetzt leben. Deswegen singen wir auch dieses englische "Hark! The herald Angels sing" und den internationalen Quempas, das ist sehr schöne Musik, muito muito bonita, und ihr singt das so schön, cinq estrelas."

So redete der bandolinista. Und so sangen sie. Und der Quempas erhob sich aus der Asche und lebte wieder.

Eine Antwort verfassen