Johannistag 24.6.2008

Verfasst am: 26. Juni 2008 von Barbara Keine Kommentare

Welch ein Theater!
Teatro Efémero am 24.6.2008

Europa im EM-Fieber. Natürlich sind hier in Portugal die Wogen nach der Niederlage gegen die Deutschen sehr abgeebbt. An ein paar Auto flattern noch die Fähnchen, "wilde Gesellen, vom Sturmwind zersaust", mehr "Lumpen als Loden….". Traurig wehen sie noch an manchen Häusern, aber das Interesse und der Bierkonsum sind rapide gesunken.

Vielleicht besinnt man sich hier jetzt wieder auf das Wesentliche?
(Ist nur eine rhetorische Frage.)
Also gingen wir ins Teatro Efémero, das ist die Avantgardebühne des Teatro Aveirense, da probieren sie oft neue, moderne, unbekannte Stücke aus… im totgesagten Park und im totenstillen leeren Theater, außer uns kamen nur 5 Studenten… Und so mancher Pastor jammert wegen seiner 3 Zuhörer, für die er 20 Minuten predigen soll! Diese Schauspieler spielten 135 Minuten für 7 Leute. Dazu kommt die ganze Technik, der ganze Theaterbetrieb, das ist doch eine enorme Leistung und ein Kostenaufwand, das muss die doch frustrieren, die armen bedauernswerten artistas. Sie schauen in den Zuschauerraum  wie in ein schwarzes Loch, einen gähnenden Abgrund, in dem nur ein paar Gesichter erhellt sind. Vielelicht aber gähnen diese paar Zuschauer auch. Denn das Stück von William Hanley: Danca lente no Local do crime (Slow Danse On the Killing Ground) mit 3 Personen besteht fast nur aus langen Monologen, portugiesisch schnell gesprochen. Das ist für uns eine enorme Hör- und Übersetzungsleistung.
Auch die Thematik (die Lebensbeichten eines ehemaligen KZ-Häftlings, eines gejagtern Schwarzen, einer jungen Frau, Schriftstellerin, kurz vor einer Abtreibung) ist viel zu ernst für diese Spaßgesellschaft in einer betriebsamen portugiesischen Hafenstadt in der Sommernacht.

Ja, was ist denn dann das Wesentliche?
Auf dem Dorf hier ist es wohl der Verkauf und Ankauf von Grundstücken, auf denen Häuser gebaut werden. Es wird gebaut und gebaut, verkauft und gehandelt. Viele junge Leute ziehen ein und bleiben dem Dorf aber fern. Die 25 neuen Häuser in unserem Dorf sind von Singles oder Leuten ohne Kinder bewohnt. Die Dorfschule bleibt geschlossen, es gibt hier keine Kinder mehr. Und in die Kirche kommt ohnehin keiner. Die Neuzugezogenen arbeiten in der Stadt, kommen auf der Autobahn zum Schlafen zurück und sind morgens wieder verschwunden, am Sonntag gehen eh alle an den Strand.
Dort hat sich ebenfalls alles unvorstellbar verändert. Denn das Strandambiente von Vagueira hat sich an unseren Naturstrand verlagert, bzw. es ist verlagert worden. Da sind hölzerne Stege in die Dünen gebaut worden, Bretterbuden, eine Rettungsstation, ein umzäunter riesiger Parkplatz, eingezäunte Wege, "Betreten Verboten" und "Blumenpflücken verboten"- Schilder, ausgewiesene Sonnenplätze und Abfallbehälter.

Und der Atlantik lässt sich das alles gefallen, er liegt ganz still da und plätschert freundlich vor sich hin, solange Sommerferien sind. Die Fischer fangen Sardinen und tun so, als ob sich nichts verändert hat.  
Und die Sonne scheint über Gute und Böse wie eh und je.

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