Krippenspiel 2007

Verfasst am: 23. Dezember 2007 von Barbara 3 Kommentare

Krippenspiel 2007, die 9. Ausgabe

Carregosa, am 23. Dezember 2007

Lieber Claudio,
heute bin ich sehr traurig, weil unser Krippenspiel, das so oft tot gesagte, nun doch wohl endgültig gestorben ist. Und du bist so weit weg und kannst nicht mal eben kommen wie damals und die Lieder spielen und die Weihnachtsgeschichte retten.

Dieser sonnige Sonntagmorgen mit seinem Gottesdienst zum 4. Advent, der uns doch aufblicken lassen sollte, nahm uns den Rest Hoffnung.  
Zur Generalprobe, die heute Abend als erste und einzige Versammlung stattfinden soll,  hat der ewig schlecht gelaunte Chorleiter sehr beleidigend abgesagt, er hat sowieso noch nie eine Probe mitgemacht. Seine Kneifzangen-Frau biss Hagen ebenfalls fast den Kopf ab. Der Kirchenälteste weinte ein bisschen, sein Kinn flatterte. Aber dann gab er zu, dass er leider auch vergessen hatte, sich um den Esel, den Stall und dies und das zu kümmern.Tja… Die Frau vom Sakristan war ganz verzweifelt und klagte: Was sollen wir denn nun machen? Der alte Küster ging bedächtig, resignierend und traurig davon und kam mit einer Flasche Geropiga wieder, die er mir wortlos überreichte – als Trost. O süßer Trost.

Das Krippenspiel – nun ja, das Auswärtsspiel im Algarve hatte ja eh nicht stattgefunden, vielleicht ganz gut so, diese Rasselbande hier lernt nicht gern auswendig und hat keine Disziplin. Das wäre gewiss ein schlimmer Reinfall geworden.
Und das dörfliche Spiel , das ja eine richtige Missa do galo ist, scheitert , weil es an frommen Herzen und guten Kräften fehlt. Es ist noch nichts fertig, kein Stall, kein Baby, kein Esel (der Besitzer will seine Esel diesmal nicht bringen, weil er und auch die Tiere keine Lust haben, nachts aufzustehen), keine Kuh, der Chorleiter hatte noch nie Zeit und Lust zum Üben, die Hirten lernen ihre Texte nicht, die sie schon seit 8 Jahren sprechen, keiner fühlt sich verantwortlich, keiner redet mit jemand oder fragt mal die Anderen. Diese verfeindete und vergiftete Welt ist eigentlich der richtige Ausgangspunkt für Weihnachten. Ob das Wunder wohl geschieht? In den Geschichten und Filmen werden diese Weihnachtsekel doch immer so wundersam verwandelt.

Vorgestern habe ich den ganzen Tag an meiner alten Nähmaschine gesessen und die Engelshemdchen zugenäht, die die Frauen in Mecklenburg genäht hatten: das war ein Auftrag gewesen, Stück 10 Euro, der Stoff stammt aus alten geerbten Damastbettbezügen. Die Näherinnen hatten aber kein Modell und keine Ahnung von Chorröcken und haben hinten und vorne lange Schlitze offen gelassen, vorne für die Arme und hinten für die  Flügel, (sie sagten, Engel müssen Flügel aus Gänsefedern haben). Am Ärmel wehte dann immer noch so ein schmaler Streifen Stoff  wie eine Stola herum. Es war eine zu blöde Konstruktion.
Leider funktioniert meine alte Trampel-Näh-Maschine nicht mehr gut, der Faden riss ständig (mein Geduldsfaden auch); spulen konnte ich auch nicht mehr, musste den Faden mit der Hand aufwickeln. – - – das war ziemlich traurig. Nun sind die Hemden fertig, ich auch, bloß die Engelsche fehlen.

Mein lieber Mann hängte den ganzen Tag Plakate und Einladungen im Dorf und im Nachbardorf aus. Nach dem Motto:
"Der Kaplan klebt Pappplakate an" – das ändert sich wohl nie..

Vorgestern Nacht hatten wir Kirchen-Chorprobe für Natal gehabt, chaotisch und undiszipliniert wie immer und  bis 23.30 Uhr.  Am Freitag ging der Chor abends zum Essen, sie können sich stundenlang darüber unterhalten, wer Fleisch-carne und wer Fisch-bacalhau isst und dass die Carnevalisten zusammen sitzen sollten und die Fischesser an einem anderen Tisch…Richtige Kindsköppe. Das Essen ist immer das Wichtigste an Natal,  wichtiger als die Frohe Botschaft.

Und ich habe gestern gegen alle Vernunft einfach doch alle Gewänder gewaschen und gebügelt und gehofft, dass alle Stiesel und Sturköppe sich bekehren.

Wird es nun Weihnachten??
Wir wissen ja, dass Christus in unseren Herzen geboren werden muss, sonst sind wir sowieso verloren. Möge es doch auch in diesem armen Dorf geschehen, dass Jesus kommt und eingelassen wird und ein paar Leute ihm ein Lied singen.

3 Antworten

  1. Volkmar schreibt:

    Einerlei, wie das Krippenspiel ausfällt, ob es nun gespielt wird oder nicht: Mich wundert, dass es bisher schon acht Mal stattfinden konnte.

    Vor allem unter den bisherigen Bedingungen: Deutsche Protestanten beginnen in einem katholisch-portugiesischen Dorf eine Tradition, und zwar eine Weihnachtstradition, während in diesem Kulturkreis doch eher die Passionsspiele beheimatet sind.
    Außerdem ist der Event-Charakter von Aufführungen auch bis an die Peripherie Europas vorgedrungen. Die Leute richten dann lieber mal ein Klubhaus ein und hängen an der Bar rum, bis ihnen das auch über ist.

    Von portugiesischen Disteln kann man nicht ewig deutsche Feigen ernten.
    Aber vielleicht passiert ja doch noch ein Wunder!
    Jedenfalls ein Kompliment für das, was Ihr bisher geschafft habt!

  2. Jürgen D. schreibt:

    Liebe Frau Luazul!
    -bin ganz traurig- habe bei jeder elegenheit vom importierten Krippenspiel
    der "Ausländer" erzählt..
    - mir fällt bei Ihrem farbigen Bericht auf, wie oft das Wort "Lust" fiel. da muss man doch ins Nachdenken kommen..- gleichzeitig auch: Begeisterung"-
    wollen sie,
    oder wollen sie nicht?-
    schämen sie sich
    vielleicht..

    ich werde weitermachen! -
    und Sie auch?!
    verzeihen Sie den "Kindsköppen" und suchen Sie sie wieder!
    nächste Weihnachten sehe ich`s mir an!
    schöne Grüße- und -Weihnachten!

  3. Christine schreibt:

    Liebe Barbara,
    ich schreibe zwar erst spaet, aber ich muss das jetzt tun. Sei nicht traurig, du kennst doch inzwischen die Doofköpe in unserem Dorf. Sehe es als grossen Erfolg, dass sie es 8 Jahre durchgehalten haben – das ist mehr, als zu erwarten war. Uns hat das lieb gewordene Krippenspiel gefehlt und, da wir es nicht glauben konnten, waren wir um 23 Uhr am Dorfplatz. Vielleicht wird es ja wieder etwas in diesem Jahr. Es waere auf jeden Fall schoen.
    Liebe Gruesse

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