Azulas Katzen-Tagebuch 1

Verfasst am: 13. Juni 2007 von Barbara Keine Kommentare

1.
Eines Tages im Frühjahr war sie einfach da. Sie saß sprungbereit auf dem Dachvorbau, beobachtete aufmerksam den Hof und gab seltsam klagende oder anklagende Töne von sich. Sie war sehr klein und niedlich, Abkömmling einer Siamkatze mit blauen Augen, braunem Kopf und Schwanz, braunen Ohren, aber sehr hellem Fell. Langsam traute sie sich und uns, von Tag zu Tag kam sie ein bisschen näher heran, blieb aber vorsichtig und misstrauisch, strich dem Hausherrn (er schien ihr der am wenigsten Gefährliche zu sein) um die Beine und wurde schon lästig.
Wir fragten in der Nachbarschaft, wem sie gehört. Natürlich gehörte sie zu niemand. Die eine Nachbarin sagte voll Abscheu, sie möge keine Katzen, die andere schrie: Kommt mir nicht ins Haus!, die nächste: Gott sei Dank, ihr gehöre sie bestimmt nicht. Im Dorf kriegen Katzen und Hunde nur Fußtritte. Ich weiß…
Die Familie wollte das Tier loswerden: Wir können uns das nicht leisten bei unserer ständigen Abwesenheit, das ist doch kein Hundeleben mit so einem Haustier. "Aber sie ist doch so niedlich, eine junge Siamkatze", verteidigte ich sie. "Naja, aber keine echte, halt eine Dorfkatze und kein Ersatz für unseren schönen großen Hirtenhund."

Dann mussten wir für mehrere Wochen verreisen. Aber ich dachte öfter an sie und zeigte überall das Foto von ihr. Ich stellte fest, dass die Welt in Hunde- und Katzenfreunde zerfällt. Ich selbst wohne auf der Grenzlinie.

Am 5. April kamen wir wieder zurück. Der Hof lag still und verwaist in der spärlichen Sonne. Keine Katze zu sehen.  Keine Spur zu entdecken.  Der frühere Stammplatz unbewohnt.

Aber am Morgen des 7. April weckte uns ihr Klagegeschrei und wir liefen hin und begrüßten sie: "Da bist du ja! Und wo hast du dich herumgetrieben? Und  - du liebe Zeit – wie blauäugig! – mit wem von den Katern hast du dich eingelassen?" Sie war also trächtig. Kugelrund. Und da erinnerte ich mich an den rotweißen Nachbarkater und einen schwarzen Panther, die hier öfter elegant  über die Dächer geglitten waren. Na, toll.  Etwas später blieb sie verschwunden, und als ich sie suchte, hörte ich sie leise miauen und fand sie in einem hohen engen Karton, der unsicher auf einem Stapel Holz schwankte. "Hier bleibst du nicht", redete ich ihr zu, polsterte einen Korb aus, den ich für ein besseres Wochenbett hielt, und setzte sie da hinein.  Sie aber zog wieder in ihren viel zu engen 60 cm hohen Karton auf der höheren Etage, so dass wir nicht hineingucken konnten. Dort kriegte sie ihre Jungen und blieb einen Tag unsichtbar.  Wenn der Boden des Pappkartons nicht durchgekracht wäre, hätten wir die Kleinen nicht zu Gesicht bekommen. So aber rutschte sie mit ihrer Brut ein bisschen tiefer und ich sah die Jungen, übereinander und durcheinander liegen. Ich versuchte sie in dem dämmerigen Weinkeller zu erkennen und zu zählen: Es waren drei, nein, es waren vier, oder doch nur drei?  Also, ganz sicher war ich nicht, erzählte aber allen, es seien vier Kätzchen, drei schwarze und ein schwarz-weißes. Aha, also der schwarze Panther!
In den Kalender schrieb ich am 12. April: Katze hat vier Junge gekriegt.

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