Estaleiro Teatral Nov.2006

Verfasst am: 4. Dezember 2006 von Barbara Keine Kommentare

Kaum auf portugiesischem Boden und in der portugiesischen Sprache angekommen, besuchten wir im Efémero das Stück  "Camilo und Ana Augusta" von Artur Costa., sozusagen ein Salontheaterstück aus der Portuenser Gesellschaft um 1850. Ich kann nicht richtig erklären, warum und wie und ob ich wirklich alles verstanden habe, wahrscheinlich hätte ich nicht wörtlich übersetzen können, was ich hörte, aber dennoch war ich völlig hineingetaucht in die Tragödie dieses portugiesischen Liebespaares Senhor Camilo und Dona Ana, denen man vorwarf, sie hätten sich des alten  (24 Jahre älteren) Ehemannes der Ana durch einen Mord entledigt.

Dieser Fall wird dann in einer langen Gerichtsszene behandelt, der Verteidiger siegt, das Publikum ist sowieso für die Liebenden eingenommen, Happy-End.

Die Bühne des Estaleiro war zum ersten Mal mit richtigen plüschigen Kulissen, Vorhängen und Möbeln ausgestattet, in denen die Figuren agierten, Figuren, die geradewegs aus den Romanen von Eca de Queiroz herausgestiegen zu sein schienen. Der schlanke elegante Herr Camilo im Gehrock und in engen Hosen, mit schwarzen Locken, buschigem Schnauzbart und Zylinder und Ana Augusta in biedermeierlichem Reifrock mit Rüschen, Schleifen und Schutenhut. Es traten noch zwei junge Männer in wechselnden Rollen mit wechselnden Kostümen auf und ein beleibter Spieler, der so etwas wie das Gesetz, die Moral und die Gesinnung dieser Gesellschaft Portos verkörperte. Auch der Camilo-Darsteller war gleichzeitig der alte Ehemann (das Mordopfer), ein Richter, ein Jurist und der Verteidiger, so dass das recht bewegte und wortreiche Stück mit nur 5 Schauspielern auskam.

Besonders gut fand ich die Szene, in der drei Juristen über dieses unglaubliche (!?) Verbrechen des Ehebruchs disputierten und sich gegenseitig die Paragraphen aus dem BGB zitierten. Sie saßen auf drehbaren Klavierhockern und rasselten ihre unverständlichen Phrasen (Juristen-Portugiesisch, Behördensprache) herunter, warfen dann das dicke Gesetzbuch dem nächsten Kollegen zu, drehten sich um und "warfen mit den Paragraphen nur so um sich", "drehten und wanden sich" bei der Rechtsfindung und "schlugen sich mit dem Gesetz herum". (Wie fein doch unsere Ausdrücke dazu passen.)

Und nach diesem Ausflug in die Welt des Fin-du-Siècle wieder diese Zauberwelt draußen, die laue Nacht im Park, die jungen schönen Menschen, das murmelnde Bächlein im raschelnden Bambus, und alles grün-grün-grün, am letzten Novembertag.

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