Festa da Pinha

Verfasst am: 30. Juli 2006 von Barbara Keine Kommentare

Festa da Pinha (29./30.7.2006)
Das Endprodukt oder die 4. Phase

"Morgen um 15 Uhr 30 hier", sagte der Leiter der Folkloregruppe nach der Generalprobe im Heimatmuseum am Freitagabend um 23 Uhr und verabschiedete sich mit festem Händedruck. Was heißt denn aber "hier"? Wir waren pünktlich um 15.30 Uhr "hier", aber da war außer uns niemand. Ich dachte, sie treffen sich dort in ihrem Übungsraum, kleiden sich an und holen ihre Instrumente und dann ziehen wir gemeinsam auf den Tanzboden oder die Bühne, wo immer die auch stehen mag.

Ich werde wohl nicht mehr dahinter kommen. Immer wenn ich pünktlich bin, ist es zu früh, und wenn ich portugiesisch angeschlendert komme, komme ich zu spät, dann ist alles schon gelaufen.

Das Fest fand auf dem Platz und in der Straße bei der Kirche statt. Dort waren eine Bühne aufgebaut und viele Tische und Stühle unter einem Zeltdach (gegen die Sonne) hingestellt worden. Die Dekoration bestand aus Pinienzapfen an langen Bindfäden. Einige Kinder in schlichten alten Kleidern liefen herum, sonst aber begann es sehr müde und langsam.

Das Pinienzapfen-Fest gibt es seit 3 Jahren. Man hat es im Dorf aufleben lassen, um die alten Traditionen zu bewahren und die Erinnerung an die "gute alte Zeit" wachzuhalten, als man mit Eselchen arbeitete und die Säcke mit Pinienzapfen fürs Herdfeuer auf die Esel lud und heimtragen ließ. Deshalb trugen die Beteiligten die Kleider und Hüte wie damals, die Männer iihre schwarzen Hosen, weiße Hemden und schwarze Hüte und die Frauen Blusen und weite Tuchröcke, Schürzen, Pantinen und Kopftücher.  Deswegen wollten wir ja auch so gerne mitmachen, weil die Leute genau wie wir merken, dass die schnelllebige Zeit hier in Portugal alles fortspült. Zurück bleiben abgestumpfte, nervöse Menschen in ihrer zubetonierten Umwelt, in ihren Autos und vor ihrem Fernseher. Wo sind sie dann alle: die dramatische Rosa, die Dona Ana mit dem richtigen Rezept, die tapferen Jägermeister, die sanftmütigen Fernandos mit ihrem Ochsengespann?

Der Festplatz und die Bühne waren um 16 Uhr noch leer und verlassen. Wir setzten uns an einen Tisch, bestellten eine Flasche Wasser, dekorierten unsere Bücher und warteten. Das Fest-Komitee saß auch schon da, der selbsternannte Leiter war immer noch schlecht gelaunt und fand auch keinen Anlass, uns wenigstens mit einem Kopfnicken zu begrüßen. Später aber, nach einem oder zwei Glas Bier (seinerseits), kam dann der Bürgermeister mal vorbei.

Es begann wie alle Feste mit einer Ehrenrunde der Ehrenbürger auf der Ehrentribüne. Nach längerer Wartezeit bestiegen nämlich einige gewichtige Herren, auch der Priester des Ortes, die Bühne und sprachen ins Mikrofon.  "Voll die Dröhnung", wie immer – das Übliche, das irgendwo verhallte.
Den Auftakt zum fröhlichen Volksfest machte eine Gruppe von schwarzgekleideten jungen Männern, sogar mit Studenten-Capa, die einige volkstümelnde Lieder sangen. Dann eine Pause, in der die Herz-Lungen-Maschine den Platz bedröhnte.
Dann formierte sich die Volkstanzgruppe und schritt rhythmisch auf die Bühne. Und da half kein Zaudern und Weigern, sie zerrten uns mit, und rhythmischen Schrittes bewegten wir uns hinter den Jungen und Mädchen, den Fahnenträgern und Musikanten her. Herr Flavio machte einige Ansagen und sie begannen zu stampfen und zu tanzen und sich zu drehen, dass die Bühne barst.
Nach 4 oder 5 Tänzen stellte er dIe Verfasserin der Dorfgeschichten vor, bat den Paschtore, einige Worte zu sagen, kündigte die unterhaltsame Geschichte aus dem Diario an, hielt auch mir das Telefon hin, und ich sagte, wie sehr ich die dörflichen Traditionen Portugals schätze und dass ich festhalten will, was ich hier erlebe, und dann lasen Flavio und seine bildhübsche Tochter die Geschichte vom Fußballspiel in Carregosa vor, wo durch einen Pinienzapfen ein Tor geschossen wurde (wie passend) und anschließend die Geschichte vom 1. Mai-Streich, als der Esel den Glockenstrang zog, die Glocke bimmelte, der Hund bellte, der Bengel kreischte, der Esel schrie – toll machte er den Esel nach.  Und staunend lauschte das Publikum und applaudierte und hörte und sah sich alles an.

Und währenddessen wurden an unserem Tisch sogar 5 Bücher verkauft. Und so kam die vom Finanzamt geforderte Gewinnerzielungsabsicht voll zum Zuge.

Das ist doch wirklich sensationell:
Ein Volksfest, an dem nicht nur Würste und Bier, sondern Bücher von einem richtigen Schriftsteller gekauft werden!

Also ist das Ergebnis der ganzen Verhandlungen und Mühen und Versuche doch letztlich positiv, wenn auch man sehr dürftig.

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