Folklore satt

Verfasst am: 2. Juli 2006 von Barbara Keine Kommentare

Also, mein Manager will mal wieder ein Event managen, und so fahren wir nach Ponte de Vagos, wo im Juli ein großes Volksfest stattfindet, kein Kirchweihfest zu Ehren eines Patrons oder der Nossa Senhora, sondern die "Festa dos Burros", zu der viele Emigranten aus Deutschland erwartet werden. Von Ponte de Vagos seien die Leute vorwiegend nach Deutschland zum Arbeiten gegangen, erzählt man sich. (Aus unserem Dorf gingen sie nach Venezuela.) Und mit den Burros seien wirklich nicht die Dummköpfe, sondern die lieben Grautiere gemeint, die man früher bei der Feldarbeit und als Fortbewegungsmittel einsetzte.

Bei diesem Fest der Esel werden wir also mitmachen. Und so kontaktierten wir die namhaften Persönlichkeiten des Ortes, den Bürgermeister und die Festausschuss-Mitglieder. Was manchmal etwas schwierig war, denn bei bestimmten WM-Spielen hielt sich keiner an die vereinbarten Termine. Aber sonst: nette Leute. Und: Nette Namen sind das, der eine heißt Herr Straße, der andere Herr Catarina, der nächste nannte seinen Namen : "I love you", und das fand ich doch sehr spontan und hätte fast gesagt: "I love  you too", warum nicht, wenn das hier so üblich ist, aber stattdessen ließ ich mir das vorsichtshalber wiederholen, was sehr ernüchternd war, denn der Herr heißt nur Flavio. Aber immerhin, es bleibt trotzdem ein schöner Name.

Und nun wollten wir uns die Folkloregruppe mal ansehen und anhören, die unseren Auftritt umrahmt, verschönern und mitgestalten wird. Die Gruppe übt jeden Samstagabend.

Wir sind ja im Warten schon geübt,wir können schon 1 bis 2 Stunden portugiesich-geduldig warten. Das war hier aber gar nicht nötig, es fing tatsächlich bald an, sehr straff und streng ging es los, jede und jeder der 20 jungen Leute wusste genau, wo und wie er sich bewegen musste. Auch die Erwachsenen der Musikgruppe nahmen wortlos ihre Instrumente in die Hand und droschen drauflos.
Einer spielte Akkordeon, einer Triangel, eine Frau schlug den Takt auf der Trommel, Herr Flavio bediente eine urtümliche Ratsche (ein meterlanges Holzstück, geformt wie ein Mann, mit Kammzacken, über die man mit einem Holzstab ratscht), zwei Frauen mit kreischender Stimme (Möwen!!!) und zwei Männer sangen.

Und dann ging die Post ab.
Die tobten und wirbelten über die Holzbühne, warfen die Beine, schwenkten ihre Mädchen, schnippten mit den Fingern bei hoch erhobenen Armen, drehten sich und stampften und lachten dabei, als sei es der herrlichste Spaß der Welt und überhaupt nicht anstrengend.  

Und der etwas ältere Tänzer, der vorher mit uns geredet hatte, keine Haare besaß er mehr und lesen konnte er auch nicht, der tanzte mit einer Leichtigkeit und wirbelte mit einer wunderbaren Geschmeidigkeit, dass uns vor Staunen und Bewunderung der Mund offen stand. Die Jungen sprangen kraftvoll wie Böcklein mit viel Energie und Übermut, die kleinen dicken Knaben mit Fußballschuhen und FIGO-Trikots bewegten sich so schnell und sicher, die Mädchen und Frauen so anmutig, dass wir ganz begeistert klatschten. Und je mehr wir klatschten, desto toller wurde der Tanz, desto lauter der Gesang.
Dann stellten wir ihnen unser Programm und unsere Wünsche vor, sie saßen auf dem Boden und lachten amüsiert, aber Senhor Loveyou drängte: "Los, weitermachen!", und sie tanzten, stampften, kreischten, juchzten immer lauter, immer schneller, immer atemberaubender, immer toller.
Das reinste Feuerwerk.

Uff!
Aber nach 1 Stunde war es vorbei.
Die Tänzer gingen nach Hause, aber die Musikgruppe blieb und zeigte weiter ihr Können. Und fand kein Ende.
Welche Kraft, welche Força, welche power.
Folklore satt.
Und davon sollen wir nun ein kleines Torten-Stückchen aussuchen zur Umrahmung beim Eselsfest? Ich weiß nicht, wer hier wen am besten umrahmt.

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