Bischofsbesuch

Verfasst am: 5. Januar 2006 von Barbara Keine Kommentare

Am 1. Januar teilte der Padre der Gemeinde mit, dass der Bischof aus Aveiro die Parochie Ende des Monats besuchen wird.

Es ging spürbar ein Ruck durch die versammelte Herde. So wie ich mir das vorstellte, als es mal in Deutschland hieß: Es wird ein Ruck durch Deutschland gehen!

Der Bischof kommt. Das bedeutet: Großer Hausputz – Mobilmachung der erlahmten Kräfte – Aufpolieren der Fassaden. Es bedeutet, dass alle zur Messe gehen, dass der Chor mit voller Kraft schmettern wird, dass möglichst alle Chöre zusammen ihr Bestes geben, dass das Blumenschmück-Kommando die Kirche wie zur Hochzeit dekorieren wird, dass die Katechesekinder mit gewaschenem Hals in den ersten Reihen sitzen und die Alten nicht zu Hause bleiben, dass die letzten Winkel vorzeigbar werden und sich alle auf ihre christlichen Pflichten besinnen.

Ich empfand die Ankündigung wie einen Jagdruf.

Und darauf sagte der Chorleiter des "grupo coral", dass wir uns am Dienstag treffen werden, und zwar alle Chormitglieder aus allen Kirchenchören dieser Parochie. Also, auch die aus den Filialen. Alle treffen sich in der Igreja Matriz, wir üben für den Chorgesang.

Die einzigen, die zu diesem ersten Treffen für den vereinten Chorgesang ihr Liederbuch mitgebracht hatten, waren wir, weil wir angenommen hatten, bei der ersten gemeinsamen Zusammenkunft bereiten wir das Programm vor und singen gemeinsam. Weit gefehlt! Sie waren zwar alle pünktlich erschienen und saßen verfroren und müde herum, aber der Chorleiter erschien  erst 25 Minuten später und entschied sich erst nach einigen Telefonaten auf seinem bimmelnden Handy und nach einigem Hin und Her zu seiner Ansprache.
Es kam alles ganz anders als erwartet – also, wir haben doch auch schon Visitationen und hohen geistlichen Besuch bekommen – aber nein,  hier kam alles anders als wir meinten, hier war alles anders.

Es wurde gebetet, es wurde freundlich geredet und noch freundlicher zugestimmt, es wurde an unsere Solidarität und an unser Gemeinschaftsgefühl appelliert, es wurden Visionen von einem großen vierstimmigen Kirchenchor entwickelt, es wurde sogar ein Vaterunser gesungen.

Und dann sagte die Sprecherin zum Schluss, dass wir doch alle beten sollten für die bevorstehende schwere Operation von Dorindito, dessen liebe Eltern auch hier unter uns sind. Da gingen die 40 Leute ganz leise auseinander und knieten sich in die Bänke und beteten für den jungen Mann, saßen ganz still und andächtig und im Gebet vereint.

Also, das berührte mich wirklich sehr.

Eine Antwort verfassen