Der Krippenspiel-Festausschuss

Verfasst am: 26. Dezember 2005 von Barbara Keine Kommentare

Der Krippenspiel-Festausschuss

In aller Not und Bedrängnis dieses Weihnachtsdramas kam Hagen eine glorreiche weihnachtliche Idee:
Wir gründen ein Komitee, das jedes Jahr für das Krippenspiel sorgt!

Dachte es und teilte es schon mal jedem mit, der ihm über den Weg lief, sozusagen als Anmache. Hallo, amigo, was hältst du davon? Könntest du dir vorstellen, dass es so klappt?
Sie fanden alle, dass es eine gute Idee ist, solange sie selbst nicht betroffen sind.

Sogar der amtierende Padre in der Heiligen Nacht hörte sich den Plan an, meinte dann aber, er sei nicht Autorität genug, um das anzukündigen und durchzuführen, das solle Hagen mal selber machen. (Geschah das nun aus Vertrauen zum evangelischen Bruder, aus Schwäche und Ohnmacht oder aus Drückebergerei?)
Dergleichen Fest-Ausschuss-Organisation ist man hier gewöhnt. Denn jedes Jahr wird hier ein Kommitee gewählt, das für das Kirchweihfest im August zuständig ist. Die Leute sammeln Spenden, suchen die Tanzorchester, bauen die Bar, schmücken die Statuen usw. Ist ein Riesenaufwand und erfordert viel Zeit und Geld.  Hagens Verein dagegen kommt nur in der Adventszeit zum Einsatz. Er braucht dafür 2 oder 4 Leute (mordomos verdadeiros), die sich öffentlich für zuständig erklären und denen man die Würde erteilt und Respekt zollen muss.

Also schrieb der Paschtore alles auf 3 große Zettel: einen zum Verlesen nach der Messe als Abkündigung, einen für den Schaukasten, einen für den Padre als Pflichtlektüre. Dann stellte er sich vor die ganze Gemeinde, wünschte allen ein schönes Fest und trug seinen Plan vor. Es war mucksmäuschenstill, alle lauschten, zumal er viel freundlicher und deutlicher sprach als der nuschelnde Vertretungspadre.

Hagen sagte, dass er also 3 oder 4 mordomos sucht, die hier am nächsten Sonntag im Beisein des Padre ihr "Amtsgelübde" ablegen sollen. Denn das Krippenspiel darf nicht sterben, es ist für das geistliche Leben, die Kultur und für die Gemeinschaft sowie den Zusammenhalt in diesem Dorf äußerst wichtig.
Die Aufgaben sind:
1. Mitspieler für die Rollen suchen
2. Erbauer für den Stall suchen und Material besorgen
3. Kostüme in Ordnung halten
4. Termine für Proben anberaumen
5. Werbung, Pressearbeit, Plakate in der Umgebung
6. Treffen des Festausschusses/ Vorbereitungen organisieren

Paschtore und Barbara hätten das jetzt 7 Jahre lang gemacht, nun kann die Gemeinde das selbständig weiterführen. Denn was ist, wenn Paschtore und Barbara  mal in Deutschland bei ihren vier Kindern Weihnachten feiern wollen oder krank werden?
Er sei kein "Pastor alemao" (so heißt hier die sehr beliebte Rasse des  altdeutschen Schäferhundes), obwohl er sich hier manchmal so vorkommt, er sei ein "Pastor der deutschen Sprache" und habe eine wunderbare Gemeinde gehabt, in der herrliche Weihnachtslieder gesungen werden, die er gerne mal allen vorspielt, wenn sie heute Nachmittag um 16 Uhr in die Kirche kommen. (Das wäre der Termin, den sie immer vorschlugen als Krippenspiel-Aufführungs-Zeitpunkt. Es ist dann am Nachmittag tatsächlich keiner gekommen, es haben sich aber etliche entschuldigt, weil es doch geregnet habe, weil man so müde sei, weil man noch nicht mit dem Essen fertig sei, weil das eine schlechte Zeit sei…)

Hagen bedankte sich noch einmal bei allen, die in den vergangenen 7 Jahren und auch diesmal wieder mitgespielt haben, besonders bei Nene und Nelson, die den Stall so schnell und schön gebaut haben. Allen ein herzliches Dankeschön und nun bitte er darum, der heiligen Familie auch in Zukunft im Dorf eine Herberge zu geben.

Da fing die ganze Gemeinde an zu klatschen.
Applaus, Applaus.
Wie entspannend!
Sie klatschten Beifall und hörten gar nicht mehr auf. Der Padre saß immer noch in seinem weißen Christfestgewand da, endlich erhob er sich, sprach den Segen, wir sangen "Adeste fideles" und die Messe war vorbei.

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