Zugvögel?

Verfasst am: 21. November 2005 von Barbara Keine Kommentare

In einer Raststätte trafen wir ein holländisches Ehepaar, zwei sehr gepflegte Reisende, die bei unserer Unterhaltung "sichtbar" die Ohren spitzten und sich bei jedem aufgeschnappten Wort bedeutungsvoll ansahen, det fiel ma uff. Schließlich fragte der Herr – ehrlich, das war ein Herr, kein Mann – , dieses verständnisvolle Lächeln der Eingeweihten, Augurenlächeln: Willkommen im Club! , er fragte, ob wir auch nach Portugal fahren, unser Hund habe doch einen portugiesischen Namen, wie er gehört habe. Sie seien gerade auf der Reise in die Algarve, wo sie den Winter verbringen, schon seit Jahren, seit 20 Jahren, sagte er in gutem Deutsch.
Das müsse "man" doch so machen: 6 Monate im sonnigen Portugal und 6 Monate in der Sommerfrische an der Nordsee.
(Wer ist eigentlich "man"?)

Solche Leute wie die reisenden Dutchmen gibt es viele. Sie haben im Algarve ein Haus oder eine Eigentumswohnung in einer Hotel-Anlage und leben also wirklich wie die Zugvögel, total berechenbar und im gewohnten Rhythmus. Sympathisch ist es, dass sie nicht ihren Wohnwagen und ihr ganzes Leben mit sich herumschleppen, sondern sich an die jeweilige Lebensart anpassen.

In Amerika gibt es Leute, die mitsamt ihrem Haus umziehen. Ich habe diese fahrbaren Häuser auf den Highways in Georgia und Florida selbst gesehen – immer der Sonne nach.

"Nein", sagte Hagen, "wir fahren jetzt nicht nach Portugal, wir fahren jetzt nach Deutschland, im Algarve regnet es übrigens gerade in Strömen…"

Und plötzlich merkten wir, dass wir überhaupt keinen "Rhythmus" haben – 6 Monate hier, 6 Monate dort – , wir haben keinen berechenbaren Lebenslauf, keinen Jahresplan, kein Reise-System. Wir waren gar keine Club-Mitglieder.
Und das Wetter ist ja auch nicht berechenbar.
Was machen die denn jetzt wohl im strömenden Algarve-Regen?

Aber der fliegende Holländer schied mit Hupen und Winken und vertraulichem Lachen von uns, als sei er unser bester Freund, augenzwinkernd (Jaja, wir Algarvereisenden, wir wissen, wo es schön ist!) und fuhr in den Regen hinein, während wir dem goldenen Herbst mit gelben, roten, herrlich orange und bunt gefärbten Blättern entgegenfuhren.

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