Uhrzeit wars, da Emir hauste

Verfasst am: 18. November 2005 von Barbara Keine Kommentare

Von Winterzeit und Sommerzeit
"Habt ihr jetzt auch Winterzeit?" fragte meine Freundin, die am Sonntag nach der Uhrumstellung  aus Deutschland anrief.
"Ja, wir haben jetzt Winter hier, es regnet und regnet."
"Nein, ich meine, ob ihr die Winterzeit einstellen musstet, ich meine die Uhrzeit."
"Ja, heute nacht haben auch wir hier die Uhr umgestellt."
"Ja, und wie? Vor oder zurück?"
"Naja, zurück, eine Stunde zurück ", sagte ich. "Hier gibt es wie in ganz Westeuropa genauso Sommerzeit und Winterzeit."
"Ja?", fragte sie ungläubig.
"Sicher, wir haben doch auch den Euro…"
"Jaa, schon, aber ist es denn in Portugal jetzt genauso spät wie hier?"
"Nein, hier ist es immer eine Stunde früher, äh, ich wollte sagen: später als in Mitteleuropa. Wir liegen halt äußerst westlich."
"Ja, wie denn nun? Seid ihr zeitlich später dran?"
"Genau."
"Also, wenn es bei uns 8 Uhr ist, ist es bei euch  - jetzt weiß ich nicht mehr: ist es dann bei euch schon 9?"
"Nein, in Portugal ist es dann 7."
"Dann musstest du also die Uhr 2 Stunden vorstellen?"
"Nein, nur 1. Und ich musste sie zurückstellen."
"Ach, ich meine ja auch zurückstellen. Aber es sind doch insgesamt 2 Stunden, nicht?"
"Ja, genau genommen sind es, im Vergleich zur Uhrzeit gestern in Deutschland, heute 2 Stunden…"
"Ist es bei euch jetzt früher oder später?"
"Wie meinst du das?"
"Ach", sagte sie, "ich komme ja ganz durcheinander! Sag mir einfach mal, wie spät es jetzt bei dir ist."
"Ja", erklärte ich lachend, "wenn du es genau wissen willst, auf meiner Uhr ist es jetzt genau so spät wie auf deiner."
"Wie musstest du deine Uhr denn nicht umstellen?"
"Doch, schon, aber ich habe noch die Zeit von gestern behalten."
"Aber du hast doch gesagt, in Portugal ist immer 1 Stunde Zeitunterschied."
"Richtig, 1 Stunde. Und wir mussten hier heute in der Nacht auch ganz offiziell die Winterzeit einstellen. Nur nicht in unserem Dorf."
"Wieso das denn?"
"Also, unser Dorf macht die Uhrumstellung nicht mit."
"Wie, was, seid ihr da zurückgeblieben? Geht das denn? Dürft ihr da einfach etwas anderes machen?"
"Nein, nicht so radikal", lachte ich. "Nicht so wie bei Asterix und Obelix nach dem Motto NUR EIN KLEINES GALLISCHES Dorf WIDERSETZT SICH DEM ZEITGEIST UND TROTZT DER UHRUMSTELLUNG…."
"Wie denn?"
"Also", erklärte ich, "wir stellen am Sonntag nach der Uhrumstellung die Kirchturmuhr nie gleich um, sondern machen einfach so weiter wie bisher."
"Hä?"
"Ja, wirklich, die machen das hier immer so, seit Jahren. Sommers und winters."
"Wie geht das denn?"
"Also, hier im Dorf tut man so, als wenn es in der Nacht keine Umstellung – entweder vor oder zurück – gegeben hätte."
"Ja, warum das denn?"
"Ich nehme an, weil sich die Bauern und die Tiere nicht so einfach umgewöhnen können. Sie müssen sich erst langsam an die Veränderung gewöhnen. So eine Kuh hat doch auch ihren Rhythmus und gibt  ihre Milch zu der gewohnten Zeit."
"Versteh ich", sagte sie, "aber die Leute, die in die Kirche kommen…"
"Ja, die gehen wie immer… Die tun so, als wenn es keine Veränderung gegeben hätte: Sie kommen zur Kirche wie am Sonntag vorher."
"Der Padre ebenfalls?"
"Ja, der auch."
"Aber der muss doch danach noch zu seinen anderen Gottesdiensten in der Parochie. Der kommt doch total durcheinander."
"Nö, das klappt so. Seltsamerweise  wissen sie alle Bescheid  und kommen nach der gewohnten Uhrzeit, entweder später oder früher als offiziell angeordnet." Ich lachte in Erinnerung an die Pleiten, die ich da früher erlebt hatte, wenn ich in der Osterzeit nach der Uhrumstellung 1 Stunde zu früh in die Messe getrabt war und spätestens beim Kaufmannsladen von Dona Lurdes merkte, dass alle noch schliefen. "Im Herbst dann aber gingen wir, wie amtlich angeordnet, 1 Stunde später los: Kein Mensch war auf der Straße – und in der Nähe der Kirche hörten wir schon den Schlussgesang, den wir eingeübt hatten. Peinlich, wir sind gleich wieder umgekehrt, um die verwirrenden Erklärungen zu vermeiden."
"Ja, das ist wirklich ein bisschen verwirrend", sagte sie nachdenklich. "Aber jetzt am Nachmittag hast du doch die Winterzeit auch auf deiner Uhr, nicht wahr?"
"Nein, ich persönlich nicht", sagte ich, "ich habe meine Armbanduhr so gelassen, wie sie ist, denn wir fahren doch übermorgen nach Deutschland, da stelle ich mich jetzt schon auf die deutsche Zeit ein."
"Hä?"
"Ja, ich spare mir einfach das Vor- und Zurückdrehen bei meiner alten Armbanduhr. Es geht eh so schwer."
"Aber ich verstehe nicht ganz…", sagte sie, "ist es bei dir jetzt früher oder später als hier?"
"Bei mir speziell ist es jetzt aus den genannten Gründen genauso spät wie bei dir."
"Hm. Und im übrigen Portugal?"
"Also, hier ist jetzt auch Winterzeit, das heißt: Es ist 1 Stunde früher als im Sommer."
"Also, doch 2 Stunden Unterschied zu Deutschland."
"Nein, nur 1. Also, wir haben offiziell auch die Uhr 1 Stunde zurückgestellt, verstehst du? Aber wir sind in Portugal sowieso immer 1 Stunde später dran als ihr…oder früher?… Ach, nun weiß ich es auch nicht mehr, ob später oder früher, ob vor oder zurück… Meine Güte, was ein uhrkomisches Durcheinander!"

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