Sinnlicher Gasherd

Verfasst am: 9. Januar 2005 von Barbara Keine Kommentare

Über die Sinnlichkeit des Gasherds

Fast in jedem alten Haus hier im Dorf gibt es mehrere Kochstellen. Alle Frauen haben zunächst einmal ihren alten Backofen, das ist die Kernzelle jedes Hauses, davor das offene Feuer mit dem Dreifuß, auf dem ein riesiger schwarz geräucherter Topf steht, weiter vor dem Kücheneingang einen mobilen Holzkohlen-Grill, dann einen (meist ziemlich versifften) Gasherd mit Anschluss an eine grüne Gasflasche und schließlich den feinen Elektroherd in der kalten unbenutzten Vorzeigeküche.

Auf den runden bauchigen Backofen schwören sie alle, besonders aber die älteren Bauersfrauen. Sie backen darin das Brot, schmoren in großen Schüsseln das Fleisch und schieben ihre Steingutpfannen mit dem Huhn und dem Lammbraten dort hinein. Diese Backöfen haben wirklich etwas Archaisches, Mütterliches, Warmes. Sie sind Heimat und Zuhause.

Davor das offene Feuer – im Winter und im Sommer herrlich. Die Dorfbewohner können es genau so schnell entfachen, wie unsereins den Herd anstellt. Sie schwören darauf, dass man bei der Suppe deutlich schmeckt, ob sie auf einem modernen Herd (also nur am Boden des Topfes) gekocht wurde oder ob das Feuer schön gleichmäßig an den Wänden heraufgeleckt habe. Der Geruch des Pinienholzes verbindet sich mit dem Duft der Kartoffeln, des Kohls und der Knoblauchwurst.
Man sitzt am Feuer, wärmt sich, streckt die Füße aus, riecht den Duft der Suppe und den Weihrauch des Holzes, sieht die Flammen züngeln, hört die Holzscheite knistern, stochert in der Glut, legt nach: Der Mensch ist ganzheitlich beschäftigt und erfüllt.

Wie steril wirkt dagegen der Elektroherd.
Es dauert lange, bis sich die Kochplatte erwärmt, dafür hält sie die Nachwärme noch lange. Natürlich kann man den modernen Herd besser sauber halten, natürlich ist er viel bequemer, und er verdirbt und beeinflusst den Duft der Speisen nicht.
Also, ich koche selten, und zwar nur Reis auf dem Elektroherd oder schiebe mal eben meine Töpfe dorthin, wenn die Gasflasche plötzlich leer ist. (Sie ist – o Tücke des Objekts – meistens ohne Vorwarnung mitten bei einem Kochvorgang "alle".)

Ich bevorzuge den Gasherd.
Darüber habe ich mich schon öfter mit den Kochkünstlern, die in unserer Küche zauberten, gestritten. Sie führten die Gefährlichkeit und den Gasgeruch ins Feld, ich widersprach und überzeugte (nicht ganz) mit dem schnelleren Kochvorgang und der besseren Möglichkeit zu dosieren. Und billiger ist es hierzulande auch.

Nun aber lieferte mir Alfred Biolek in einer Wiederholungssendung aus seinem Alfredissimo!-Studio endlich ein wichtiges Argument. Er sagte, er könne ja leider kein offenes Herdfeuer dort in der TV-Küche schüren, was nämlich das absolut Beste für einen Koch sei, aber er habe immerhin den Gasherd mit unterschiedlichen Flammen, und so ein Gasherd sei doch durchaus etwas Sinnliches.

Was ich schon immer sagen wollte und mich nie zu äußern traute:
Ein Gasherd ist sowas von sinnlich!

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