Krippenspiel 2004/ 4.(Proben)

Verfasst am: 26. Dezember 2004 von Barbara Keine Kommentare

4. Die Proben

Wir hatten genau 3 Proben in den 4 Nächten vor Heiligabend.

Da in der Kirche mit großem Aufwand die Weihnachtskrippe und die Festdekoration aufgebaut wurde, war dort das Betreten verboten, weshalb wir uns zur ersten Probe in Arcelinas Küche versammeln mussten. Es kamen auch alle Mitspieler herbei, sogar die Chorsänger, die Hirten und die drei Weisen aus dem Morgenland. Mittelpunkt war natürlich der kleine portugiesische Jorge, das Jesuskind.

Als alle versammelt und die Liedblätter ausgeteilt waren, hoben wir an mit dem ersten Durchsprechen. Clara las den Eingangstext aus dem Lukas-Evangelium, dann begannen Gloria und Manuelito als Maria und Josef den Dialog-Gesang von der Herbergssuche zu singen. Sie kannten ihren Text, als hätten sie das ganze Jahr über geübt, und sangen ganz sicher und zu Herzen gehend.
Auch die Hirten sprachen auswendig – von Herzen – und voll Überzeugung ihre längst bekannten Worte, die wir nun schon zum 6. Male hören würden. Wir können sie mittlerweile nach den vielen Proben der ersten Jahre ja auch schon alle in- und auswendig. Besonders deutlich und übertrieben hirtenmäßig spielte und sprach Alexander. Ich glaube, so allmählich werden wir reif für das Fernsehen, das uns hoff – entlich, ich meine: endlich bald entdeckt.

Dann kam eine rührend- nette Szene, als Maria den Deus Menino auf den Arm nahm und ihm das Wiegenlied vorsang. Der Kleine starrte völlig fasziniert auf ihren Mund, auf Lippen und Zähne, er lauschte den Tönen, es schien ihm sehr zu gefallen, und er schaute aufmerksam in den offenen Mund, aus dem das Lied kam. Maria musste lachen, die Eltern waren hingerissen, alle schmunzelten.

Nach dieser Probe gingen wir alle auseinander, fröhlich und zuversichtlich, ohne jedoch der Super-Stimmung zu sehr zu trauen. Weiß man doch als Schauspieler, dass Proben nie so glatt gehen dürfen, nein, so richtig klappen darf vorher gar nichts. Das ist vielleicht Aberglaube, vielleicht aber auch eine uralte Bühnen-Erfahrung und –weisheit.

Und siehe da, am nächsten Abend, genau gesagt: nachts  gegen 22 Uhr in Arcelinas Küche kam dann auch nach langem Warten ("Wo bleiben die denn heute alle?" Die wenigen Mitspieler, auch das Kind und seine Eltern, saßen am Kamin, lasen die Autozeitschrift und warteten geduldig: "Warum kommen die denn heute nicht? Es war doch so abgemacht?") kam also Antonio angestürmt und überbrachte die Hiobsnachricht, dass seine Schwester Gloria mit ihrem Sohn Alexander von der Klinik in Aveiro nach Coimbra zur Uni-Klinik gefahren seien, weil dem Alexander beim Eisensägen ein Eisensplitter ins Auge geflogen sei. Und sie würden heute abend nicht so schnell zurückkommen.

Großes Erschrecken.

Deswegen waren die anderen also schon mal gar nicht erschienen, na, dann können wir nur hoffen und beten, dass alles nicht so schlimm wird.

Unverrichteter Dinge zogen wir drei Männeken wieder heim.

Am dritten Abend war die normale Kirchen-Chorprobe angesagt.
Der Psalm des Weihnachtstages wurde einstudiert, bei dem der Chor den Refrain singt: "Aller Welt Enden sehen das Heil unseres Gottes", dann das mehrstimmige "Gloria in Excelsis Deo", dann sang man die Lieder für den Festgottesdienst durch, es wurde palavert, wiederholt, noch einmal angestimmt, geredet, dann traten die Jugendlichen auf und spielten dem Organisten ein paar schräge Lieder auf dem CD-Player vor, ob er die wohl kenne und im Gottesdienst begleiten möge, sie wollen mit den Katechese-Kindern ein Krippenspiel en miniature bieten. Der Chor musste die sattsam bekannten Lieder alle noch einmal durchsingen, na schön, inzwischen war es finstere Nacht geworden und außerdem lausig kalt. Draußen schepperten die Bauarbeiter lustvoll mit den Wellblechstücken fürs Dach des Stalles zu Bethlehem.

"Wir wollten doch noch einmal unser Krippenspiel durchspielen!" Kälte und Müdigkeit und dieses frustrierend zähe und sich dahinschleppende Üben rauben einem ja den letzten Nerv.

Schließlich gegen halb 12 um Mitternacht lasen und spielten wir noch einmal die Weihnachtsgeschichte nach Lukas mit Herbergssuche, Hirten auf dem Feld, Hirten auf dem Weg nach Bethlehem, die Hirten im Stall, die Heiligen drei Könige, die Engel, und wir sangen alle Lieder…
Es gab harte und laute Auseinandersetzungen, wann wer aufzutreten habe und dasss dieser und jener nun doch nicht bereit sei mitzumachen.
Also, dieser 3. Abend mit der 2. Probe war echt nervig. Aber Gloria war wieder dabei und sang wunderschön.

Am 4. Abend sollte die Probe draußen im Freien stattfinden, damit man sich an den neuen Stall gewöhnt und seinen Standpunkt findet. Der Stall von Bethlehem liegt nämlich jetzt in anderer Richtung auf dem Platz vor der Kirche, er steht da, wo auch die Bühne für die Musikbands beim Grande Festa aufgebaut wird.
Die Probe kam unter viel Gekicher und Gelächter irgendwie zustande, wir lachten, denn jeder wollte seine Enttäuschung verbergen, weil mal wieder nicht alle gekommen waren, weil man total übermüdet war, weil Maria ihre Stimme wegen einer fürchterlichen Erkältung total verloren hatte, weil eigentlich gar nichts klappte, weil man nie wieder….

Und dann machten wir ein großes Feuer und sangen Karaoke, und der Rauch duftete nach Harz, und der Weihrauch aus dem schönen Weihrauchkessel des zweiten Königs Nuno vertrieb die bösen Geister, und die Flasche Geropiga – selbstgebrauter von Antonio! – war  im Vergleich zu dem Geropiga von seinem Vater noch köstlicher, hahaha, und es war einfach zu komisch, wie König Dorindo von seinem nicht vorhandenen Pferd (oder war es ein Kamel?) abstieg, und der Mond war fast schon Vollmond, und eigentlich wusste keiner, warum man sich halbtot lachte.

Eine Antwort verfassen