Der Festtag

Verfasst am: 23. August 2004 von Barbara 2 Kommentare

Nach dem üppigen Mahl, zu dem Gäste von nah und fern herbeigeeilt waren, begann die Messe mit dem Aufmarsch des aveirensischen Fanfarenzuges durch die Straße. Gegen 5 Uhr versammelte sich die Bevölkerung vor der Kirche, denn die Prozession sollte beginnen. Zuerst die Fahnenträger, voran der Fanfarenzug, dann das Begleitpersonal mit silbernen Kreuzen und jeweils zwei Laternen, dann unsere Heiligen: San Sebastian, San Antonio( leicht grün im Gesicht), Nossa Senhora de Fatima, Jesus mit dem blutenden Herzen, und schließlich mit Bändern voller Euroscheine geschmückt und umgeben von einer Wolke von Rosen "unsere" Nossa Senhora da Saúde.
Die vier Frauen, die diese Statue tragen, beenden mit diesem Umzug ihre einjährige Aufgabe als Verantwortliche für den kirchlichen Blumenschmuck.
An jedem Sonntag und besonders an Weihnachten beim Aufbau der Krippenlandschaft haben wir ihre Kunst bewundern können und nun zum Fest laufen sie noch einmal zur vollen Größe auf.
Es schließen sich die Kommunionkinder in ihren weißen Roben an, und der Padre im leuchtend grünen Gewand schreitet unter dem Baldachin daher, alle seine Schäfchen mit dem Kreuz segnend.
Die "Filarmonia de Vagos" beschließt den Zug, und wir gehen hinter ihnen her. Zunächst bis zur Ecke der Rua do canto. Dort haben die Nachbarn wieder einen Altar hergerichtet mit der Nossa Senhora de Fatima auf weißen Spitzendecken und gebettet in Rosen, Gerbera und einen Kranz anderer Blumen(töpfe).
Letizia hat ihre Fenstersimse mit Spitzenbettüberzügen geschmückt und zur Krönung eine Avenca ins Fenster gestellt.

Die Pfefferminze auf der Straße duftet intensiv, Binsen, Nelken und Rosenblätter bedecken den Weg, Lorbeerblätter, Fenchel, Zitronenbuschblätter und Duftgeranien entwickeln ihre köstlichen Aromen, während wir im Takt der wehmütigen Marschmusik langsam durchs Dorf ziehen. Eine Blütendolde der blauen Hortensie dient der Klarinettenbläserin im letzten Glied als Fußball, den sie im Marschrhythmus vor sich herkickt. (Noch sind Portugal und die EM nicht vergessen).

Am anderen Ende des Dorfes haben die Bewohner die Straße abgesperrt. Alle Schilder sind mit Blumengestecken dekoriert und auch hier schmückt ein Altar den Wendepunkt: San Antonio, dessen orangefarbenes Haupt mit sporadischen schwarzen Haarbüscheln bewachsen ist und der einer Karnevalsfigur gleicht, mit einem diesmal rothaarigen Jesuskind auf Seidendecken, wie man sie nur zur Taufen und Firmungen verwendet.

Nicht alle haben die Straße liebevoll für unsere Nossa Senhora geschmückt, manche verwelkte Blume und verdorrtes Kraut haben ebenfalls ihren Platz hier gefunden. Aber auch über diesen Abfall zieht die Prozession dahin und segnet gemäß dem Wort unseres Herrn "Liebet eure Feinde, segnet, die euch hassen". Ja, so ist sie, unsere Kirche, und die Menschen säumen den Wegrand, um ihren Segen zu empfangen oder sie begleiten ihre lieben Heiligen durchs ganze Dorf.  

Nach anderthalb Stunden kommt die Prozession bei der Kapelle an, ohne Müdigkeitserscheinungen, vielmehr erquickt und belebt durch die ätherischen Düfte und das Bad in der Menge. Die Heiligenfiguren werden in die Kirche hineingetragen, die Kirchenvorsteher und Gläubigen verschwinden mit dem Padre im Kircheninneren oder in der Bar.
Die beiden Fanfarenzüge stehen stramm und blasen ein letztes Mal, bevor sie das Feld räumen.
Als öffentliche Toilette dient das angrenzende Maisfeld für freudetrunkene männliche Festbesucher.
Zum Abschluss des Programms werden Raketen abgeschossen. Rauchwölkchen kräuseln sich über dem Dorf, und der Widerhall übertönt den Jubel der Volksmenge.

Im Hintergrund bahnt sich schon das nächste Highlight an in Gestalt eines riesigen Lastzugs, aus dem Beleuchtungskörper, Verstärker, Technik, Kabel und vielleicht sogar echte Musikinstrumente herausgeräumt und auf die Bühne geschleppt werden. Der Tanzabend beginnt um 22.00 oder besser 23.00 Uhr und die ganze Nacht hindurch kann man das Hämmern der "Heavy Metal"-Herz-Lungen-Maschinen hören.

2 Antworten

  1. Volkmar schreibt:

    Was mir diesmal besonders auffällt, sind die vielen Farben. Aber eine Farbe kommt zwei Mal vor, wenn ich mich nicht irre, und das will auf etwas Besonderes hinweisen: Grün. Und beide Male haben sie einen ganz anderen zeichenhaften Gehalt.
    Das Grün der liturgischen Gewandung des
    Priesters soll sicher Festtagsstimmung ausdrücken. Aber das Grün im Gesicht von San Antonio! Und das erwähnst Du im Zusammenhang mit dem eben beendeten Mahl! Also nichts von Freude wie beim Priester. Schlecht geworden ist dem Patron! Das ist es.
    Was war denn da eigentlich drin im großen Essen, dass der Heilige so die Farbe wechselte?
    Aber trotzdem, weiterhin viel Spaß bei der farbenprächtigen Veranstaltung

  2. Christine schreibt:

    Der hat wahrscheinich "Cozida portugesa" gegessen, mit Hühnerbeinen, Schweineschwänzen,-rüsseln und -ohren.
    Oder Feijoada?! Und dann noch Aletria oder andere süßen Köstlichkeiten? Zur Verdauung dann einen dorfgebrannten Aquardente – das war dann nach der Schaukelei auf der Prozession vermutlich zu viel!

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