Die Woche vorm Fest

Verfasst am: 22. August 2004 von Barbara Keine Kommentare

In der Woche vor dem Fest herrscht in allen Häusern hektische Betriebsamkeit. Jetzt kommen die portugiesischen Frauen groß raus! Nach alter Sitte bereiten sie das grandiose Fest vor und alles geschieht zu Ehren der Nossa Senhora da Saúde.

Am Montag beginnen die Putzarbeiten im Haus. Der Ehemann wird zwischendurch immer wieder zu Einkäufen fortgejagt, denn es fehlt dies und das und jenes. (Manche Frau stellt fest, dass ihr noch die richtigen Schuhe fehlen.)Weil die Läden hier ja durchgehend, Tag und Nacht, Sonn- und Feiertags geöffnet sind, braucht man nicht so sehr zu planen und zu organisieren. Man läuft dann einfach los, berichtet im Supermercado über den Stand der Dinge, klagt natürlich über die viele Arbeit und kauft das Päckchen Salz, das noch fehlte.

Dienstags steht Fensterputzen, Wäsche waschen, Lüften, Großreinemachen im alten Stil und Fegen, Wischen, Kratzen, Planschen auf dem Programm, die Teppiche werden am Dorfbrunnen gewaschen, und vor allen Dingen muss sich jede Frau auf der Straße immer wieder mit der Nachbarin austauschen.

Am Mittwoch wird das Lamm geschlachtet und die Zubereitung des "Carneiro" beginnt.

Am Donnerstag  wird das Fleisch gewaschen. Dreimal kalt und dreimal heiß. Jedes Fitzelchen Fett wird beseitigt, jede Sehne entfernt, dann wird das Fleisch mit Zwiebeln, Knoblauch, Petersilie, Lorbeerblättern und Gewürzen in die casseroles, die feuerfesten Tontöpfe, geschichtet und mit Wein übergossen. Inzwischen ist der Ofen geheizt worden und die sechs bis neun Töpfe werden hineingeschoben.

Am Freitag wird Brot gebacken, und zwar die broa, das Maisbrot. Dieses Ritual des Brotbackens vollzieht sich jedes Jahr nach alter Tradition.
Dabei fällt den meisten Hausfrauen ein, dass sie noch zum Friseur müssen. Dort sitzen sie stundenlang in froher Runde und warten, bis sie drankommen. Aber es gehört dazu und macht eigentlich alles erst so richtig wichtig und wertvoll, dass man sich hier im kleinen Salon mit den anderen zehn Frauen lebhaft unterhält über Rezepte und Gäste und Neuanschaffungen zum Fest.

Am Samstag werden die Puddings gekocht. Sehr beliebt sind Wackelpudding, Eier- und Milchspeisen wie aletria, der Pudding aus dünnen Nudeln. Aber auch neue Rezepte für den verwöhnten Gaumen werden ausprobiert.
Der Hausherr bringt inzwischen das Spanferkel zum dem Bauern im Nachbardorf, der zur Zeit der angesagte "Bräter" ist.
Wenn am Samstagnachmittag die Dorfmusikanten zum Auftakt durch die Straßen fahren, dann winken ihnen die Frauen hinter blank geputzten Fensterscheiben und die Männer unter dem Hoftor zu. Die Arbeit der Männer besteht darin, das Auto und den Hof mit furchtbar viel Wasser zu begießen. Die Ströme rinnen auf der Dorfstraße dahin.

Du solltest nicht denken, dass wir erschöpft sind von soviel Müh und Arbeit, im Gegenteil: Diese Woche ist die reine Vorfreude. Die Arbeit geschieht im Zeichen von Erwartung und Spannung und nach Goethes Motto ("Der Schatzgräber"):

"Tages Arbeit, abends Gäste,
saure Wochen, frohe Feste,
sei dein künftig Zauberwort!"

Ach, diese Klänge, die jetzt die Straße entlang zu hören sind! Die Musik der vier Senioren auf dem Kastenwagen ("wir haben etwas auf dem Kasten") – das ist der Auftakt zum Fest schlechthin.
Wenn die alten Weisen der alten Weisen  mit Pauke, Klarinette, Saxophon und Trommel erklingen, dann ist jedes Herz so frohgestimmt und bereit für\’s Grandiose.

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