Der Sonntagmorgen

Verfasst am: 22. August 2004 von Barbara Keine Kommentare

Nach dem starken Regen der letzten Tage scheint heute strahlende Sonne. Festa!

Am Sonntag um 7 Uhr in der Frühe wurden wir durch einen gewaltigen Geschützdonner geweckt, dem Kanonenschlag folgten unzählige Böllerschüsse, auf die sämtliche Dorfhunde kläffend antworteten. Noch zwei Stunden lang dauerte das Gefecht, denn im nahen Walde setzten die tapferen Jägermeister das Geballer fort. Sie schossen auf Tauben (sagten sie).

Die Jagdsaison hat allerdings noch nicht begonnen, aber einem echten Portugiesen liegt die Jagd im Blut, der kann nicht so lange warten und stillsitzen, während das zahllose (?) Wild frei herumläuft. Deshalb hatten die wackeren Männer beschlossen, heute schon mal ein bisschen zu schießen. Es würde ja nicht so auffallen im allgemeinen Festrummel.

Meine Nachbarin kann gar nicht verstehen, dass ich diesen Kriegslärm grauenhaft finde. Dass er mich an die Schrecken und den Terror in meiner Kindheit erinnert. Für sie bedeutet eine Rakete Fest, Freude und Fröhlichkeit. Der Krach bedeutet Ferien, Gäste, Spanferkel, Tanzen und Musik. Jeder Böllerschuss erhebt ihr Herz, wohingegen meines nur erbebt.

Ab 9 Uhr zog das Fanfarenkorps durch das Dorf. Etwa 30 junge Leute in Feuerwehr-Uniform marschierten in Viererreihen die Straße entlang und spielten ihre eigentümliche, typisch portugiesische Festmusik, die mich immer wieder an Zirkusklänge erinnert.

Ihnen folgten die 5 Männer vom Festausschuss unter Leitung von Marcelino, der diesmal das Kommando hat. Sie klopften an alle Hoftore und sammelten die Spenden ein.
Hagen gab ihnen 10 Euro, aber sie sagten wie aus einem Munde: "Só?" Was, nur so wenig? Von einem Mann, der einen Mercedes vor der Tür stehen hat, kann man doch wohl mehr erwarten.
"Wie, ist euch das zu wenig?"
"Ja, das ist muito só, sehr viel wenig!" Und gierig schnappten sie auch noch den 20-Euro-Schein: "20 Euro vom Pastor und 10 von seiner Frau."
So werde ich hier also eingeschätzt.

Als ich zum ersten Mal hier ein Fest miterlebte, musste ich lachen über den trockenen bäuerlichen Kommentar von Arcindo, der um eine große Spende für die Erneuerung der Kapelle erleichtert wurde: "Da gibt man Geld aus für Dinge, von denen man überhaupt nichts hat." Eine landesübliche Meinung zum Thema Kirchensteuer und –geld auch in Deutschland.

Nun ja, wir haben für unsere Spende heute zumindest schöne Musik und noch viel schönere Böllerschüsse gehört.

Die Messe fällt heute morgen aus, weil sie um 16 Uhr stattfindet. Auch im Fernsehen brachte das ZDF keinen Gottesdienst, stattdessen wird von der Olympiade berichtet.
Also, um 16 Uhr. Und daran schließt sich die feierliche Prozession über den Kräuterteppich an.

Nun kommt aber zuerst einmal das große Menü in Arcindos Weinkeller. Leute, auf geht es zur "Grande Bouffe"!

Wir berichten weiter.

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