Das Fest

Verfasst am: 21. August 2004 von Barbara 3 Kommentare

Am Samstagmorgen um 8 Uhr vor der "Grandiosa Festa de Nossa Senhora da Saúde" wurden die großartigen Feierlichkeiten mit zischenden und knatternden Raketen und donnernden Böllerschüssen eingeläutet.  Jeder Ton wurde mit aufgeregtem Hundegebell begleitet und von mehrfachem Echo beantwortet.

So, nun ist also Festa.
Das ganze Jahr hat man sich darauf gefreut und darauf hin gearbeitet.

Schon beim letzten Mal im August, als der neue Festausschuss gewählt wurde, hat jeder gefragt: "Seid ihr zum Fest hier?"  
Es ist wichtig, zum Fest hier zu sein. Es beweist wahre Liebe und Treue und echte Dorfzugehörigkeit, wenn man zum Fest im Dorf ist und teilnehmen wird. Wichtig ist es auch, der Einladung zum großen Festschmaus am Sonntag und Montag, jeweils vor der Prozession, zu folgen, schließlich spart und wirtschaftet jede Familie mit dem Ziel für dieses große traditionelle Essen.

Das Menü besteht nach altem Brauch aus Hühnerbrühe, Lammfleisch, Cozido à portuguesa und Spanferkel, gefolgt von Obstsalat und Puddings wie Aletria und anderen Leckereien und begleitet von massenhaft geistigen (oder –lichen) Getränken, denn es ist ein geistliches Fest.

Die Böllerschüsse verhallen. Sie wirken tatsächlich elektrisierend und aufregend. Irgendwie läuft man schneller, erledigt seine Arbeiten im Hof und in der Küche schneller und emsiger (und sogar fröhlicher), damit man nichts verpasst.

Ab 9 Uhr zieht eine Musikgruppe durchs Dorf, da muss man dann vor die Hoftüre treten, applaudieren und sich freuen und bisschen (oder auch ein bisschen mehr) Geld spenden. Es muss ja alles bezahlt werden.

In den letzten Wochen wurden alle Wege von Unkraut gesäubert. Wir waren sehr stolz auf unsere sauberen Wegränder und fanden die Straßen in alle anderen Nachbardörfern ziemlich liederlich und nannten sie verächtlich "porco". Dann wurde das Grundstück gegenüber der Kirche, das der Câmara Municipal gehört, planiert, auf dass wir nunmehr einen großen Festplatz haben. Das Haus der alten Dame aus Brasilien wurde neu gestrichen. Und neben der Kirche wurde die Bar eingerichtet. Was sage ich, "Bar"? Das ist eine Trinkhalle geworden, mit immergrünen Hecken künstlich umgeben, mit einem Fußboden aus Binsengras, mit einem regensicheren Dach aus grünen Zeltplanen und mit einem gewaltigen Schanktisch, auf dem Bier und Sangria gezapft werden können.

Vor der Bar hat Nelson einen schönen auffälligen Zebrastreifen auf die Straße gemalt, um die Zufahrt zu erleichtern.

Seit gestern stehen auch die Lichterbögen auf dem Hauptweg. Es ist eine wahre Pracht, das muss man schon sagen. Obwohl manche meinen, dieses Jahr sei das Fest sehr bescheiden und kaum erwähnenswert im Vergleich mit den anderen Dörfern. Man habe hier für unser Fest nur wenige und unbedeutende Bands eingeladen.
Na, wir werden sehen.

Nun brechen wir erst einmal ab und auf, denn das lebendige Spanferkelchen muss im Sack mit dem Auto zum Bräter gefahren werden, wo wir es morgen schön braun und knusprig und knoblauchduftend wieder abholen werden.

Wir berichten weiter.

3 Antworten

  1. Volkmar schreibt:

    Hier in Frankreich gab es mal einen Film, "La grande bouffe", der auch in Deutschland gezeigt wurde: "Das große Fressen". Jetzt spielt die Sache wohl in Portugal.
    Auf den Azoren: großes Fressen; bei Euch in Nord-Portugal: großes Fressen; und so fort.
    Wo lassen die zierlichen, schlanken, drahtigen Portugiesen das eigentlich? Und dann noch bei dieser Hitze Spanferkel, mit triefendem Fett die Hemdsärmel runter!
    Ja, wenn das in unserer "geliebten Pommernheimat" wäre, wo es kalt war und man körperlich viel arbeitete, dann würde ich das ja verstehen. Aber nur so eine kleine Prozession, eine Art Spazierenstehen, in die Gärten gucken, jauchzen (oder lästern?) über Gartenzwerge: Da verliert man keine Kalorien.
    Ich versuche ja hier immer noch, mein Gewicht zu reduzieren. Habe auf den Käse verzichtet (und das in Frankreich!)5 kg sind runter, aber ich scheine eine Grenze erreicht zu haben. Gut, dass ich nicht in Portugal bin.
    Aber trotzdem: Guten Appetit!

  2. Christine schreibt:

    Naja, Volkmar, das zierlich und zart mag ja noch bei verschiedenen ledigen Portugiesen zutreffen – aber nach der Hochzeit ist eine eigenartige Ausweitung des Leibesumfanges immer öfters zu bemerken, lol

  3. Volkmar schreibt:

    Liebe Christine, nach der Schnelligkeit der Nachrichten zu urteilen, im Minutenabstand gepostet, scheinst Du ja eine ganz Flotte zu sein. ("Zierlich, schlank, drahtig"? Aus Carregossa?)

    Allerdings, so sagt es mir jedenfalls meine (zugegeben beschränkte männliche) Lebenserfahrung, scheint der wesentlich größere und wachsende Leibesumfang bei Frauen kurz nach der Eheschließung  (und manchmal auch schon vorher) nicht unbedingt auf das viele Essen zurückzuführen sein. Das Essen wäre doch nur eine der Wirkungen, die Ursache liegt aber woanders. Oder weicht Portugal da von der biologischen Norm ab?
    Und dass der einmal erreichte Zustand der Fülle dann so bleiben muss, das bestätigen sicher viele Trägerinnen dieser Auszeichnung.
    Normalerweise schwingt ein Körper doch wieder in seine Ausgangsform zurück.

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