Brände in Südportugal

Verfasst am: 7. August 2004 von Barbara 1 Kommentar

Muito calor, es ist schrecklich heiß!  
Das ist wieder einmal einer der heißesten Tage dieses Sommers. Morgens ist es diesig und regnet oder nieselt sogar etwas, aber dann schält sich die Sonne heraus, und bald glüht die Erde wie ein Backofen. Der Hund liegt irgendwo wie tot ausgestreckt auf den kühlen Fliesen, man kann ihn nicht bewegen mitzukommen. Nein, er hebt nur müde den Kopf: Geh alleine, mir brennen ja die Pfoten auf der heißen Straße!

Aber Brände brauchen wir hier im Dorf und in der Umgebung wohl nicht zu fürchten. Die Beregnungsanlagen in den Maisfeldern sind Tag und Nacht in Betrieb. Und die Nähe des Atlantico ist im erfrischenden Windchen auch immer zu spüren. Nein, das Feuer wütet eher im Algarve.
Ich drucke ein paar Auszüge aus den Mails der Algarvios aus Santa Bárbara de Nexe ab:

29. Juli 2004 :
"Wir leben hier seit drei Tagen in Rauch und Asche. Noch sind w i r nicht angesengt, aber die Tische und Stühle auf der Terrasse waren gestern, am bisher schlimmsten Tag, schon mit Flugasche versehen. Am furchterregendsten sieht immer der braungraue Himmel aus, die Sonne lugt, wenn überhaupt, nur als glutrote Scheibe hervor: weißes Licht scheint gelb zu sein, die Schatten von Bäumen und Sträuchern wirken blau-grau. Angeblich hatte das Feuer hier gestern schon fast die Straße Sao Bras – Loulé erreicht. In der Nähe des Flughafens hat es wohl auch gebrannt, Monte Negro? … Das Monchique – Gebirge scheint diesmal restlos abgebrannt zu sein.
Wir sind uns nicht so recht im Klaren, ob die Situation im Vorjahr, als wir von Deutschland aus die Brände verfolgten, oder die unmittelbare Bedrohung beunruhigender sind.

30. Juli 2004:
Von Deutschland aus werden wir ständig angerufen. Das Feuer rückt leider offensichtlich näher. Gestern hatte es Alportel ( 4 km nördlich von Sao Bras ) erwischt, heute soll es wohl in Sao Romao sein. Seit etwa 2 Stunden fliegt eine italienische Staffel mit 5 Löschflugzeugen über unser Haus, sie sind nach 2 Minuten schon wieder zurück, d. h. es muss wohl tatsächlich ziemlich nahe sein. Erstaunlich ist allerdings, dass im Augenblick keine Asche zu sehen bzw. kein Rauch zu riechen ist. Jedenfalls macht der augenblickliche Einsatz einen richtig professionellen Eindruck, im Gegensatz zu dem einen kleinen Hubschrauber gestern mit einem Wasserbeutel unten dran. In den letzten Nächten hatten wir wirklich das Gefühl, vom Rauch vergiftet zu werden. Immerhin sind die Temperaturen gesunken, so kann man wenigstens wieder raus.

Am Abend des folgenden Tages witterten Alo und ich, sie im Haus, ich auf der Terrasse sitzend, wiederum Rauch, und ein Blick in das benachbarte Gelände zeigte ein hellgraues Rauchband von etwa 400 m Länge in Richtung der Straße von Gorjoes nach Fonte da Murta. Wir riefen sofort, tief erschrocken, unsere Nachbarn an. Mit einem von ihnen stolperte ich durch den dunkler werdenden Abend, bis wir die Flammen entdeckten: ein etwa 80 cm hohes Grasfeuer, "bewacht" von einem halbnackten tätowierten Menschen, der mit einer Gabel bewaffnet war. Trotzdem riefen wir ihm auf englisch empört unsere ( schwachen ) Flüche zu und sagten ihm, dass wir Feuerwehr und Polizei informiert hätten ( was den im Haus verbliebenen Damen allerdings noch nicht gelungen war ). Er verstand uns und sagte, wir sollten erstens  "my property" verlassen, zweitens müsse er um abzulöschen jetzt einen Eimer Wasser holen und damit sein Feuer unbeobachtet lassen, was ja ( auch ! ) nicht erlaubt sei. Seine herbeieilende Mutter/ mütterliche Freundin ( ? ) in BH und Unterrock verwies beschwichtigend auf einen 5 m weiter erkennbaren Aschefleck, auf dem sie ja bereits am Tage zuvor trockenes Gras und Abfälle verbrannt hätten. Es diene alles der Befreiung des Geländes vom gefährlichen Unterholz und damit der Unterbindung der Feuerausbreitung bei Bränden in der Nachbarschaft. – So zogen wir beiden Mitteleuropäer, beschämt von südländischer Logik, davon.
Aber Fahrlässigkeit ist halt überall zu finden;  - und im Übrigen : drei bis vier der hier unten  
entstandenen Brände sollen ein 22jähriger Schäfer, der festgenommen wurde, und seine Frau absichtlich gelegt haben, um sich an einem Landbesitzer zu rächen, bzw. um gegen ein sie benachteiligendes Urteil zu protestieren. "

Eine Antwort

  1. Volkmar schreibt:

    Ich kann die Berichte über die Waldbrände in Südeuropa kaum noch ertragen. Sie kehren mit boshafter Regelmäßigkeit wieder, jedes Jahr im Sommerloch. In meiner Wahlheimat Frankreich starben in  Savoyen jetzt 9  Menschen (oder einer weniger?), vorwiegend Jugendliche, in einem knochentrockenen Holzhaus. Für die Sicherheitsvorschriften gab es Ausnahmen. Dann verbrennen auch immer mal wieder ein paar Feuerwehrleute. Dann kommt, mit ebensolcher regelmäßigen Bosheit ein Ministerpräsident, der eigentlich auch austauschbar ist, so wie seinerzeit Kohls Neujahransprachen, die sich auch nur durch die jeweils andere Krawatte unterschieden, redet was von Solidarität mit der ganzen Nation und dass er am liebsten selber mitgeholfen hätte beim Löschen. Dann redet der Staatspräsident auch noch etwas von tief empfundener Trauer. Ob Frankreich, Spanien, Portugal, Italien…., es kotzt einen langsam an, sit venia verbo.
    Eigentlich müssten wir auch bald wieder ein Tankerunglück haben. Die Strände sind nämlich gerade wieder einigermaßen sauber.

    Die Ursachen für die Waldbrände sind im Grunde alle erforscht. Zu viel Unterholz wegen des fehlenden Schafverbisses, vor allem aber zu dichte Bebauung in gefährdeten Gebieten, und dann die kriminelle Brandstiftung und vor allem die Fahrlässigkeit. Die sinnvollen Gesetze, mit denen man vorsorglich Brände verhüten könnte, sind alle da, aber sie werden kaum angewendet. Die katholische Wochenzeitung „La Vie“, der man sicher keinen zivilen Ungehorsam vorwerfen kann, hat neulich nachgewiesen, dass Leute mit guten Beziehungen längst wieder ihre abgebrannten Häuser in kritischen Regionen aufgebaut haben, wo das per Gesetz verboten ist.

    Aber was will man machen in einem zum großen Teil nachlässigen Volk, wenn die Leute selbst uneinsichtig sind? Vor ein paar Tagen stand ich an der Tankstelle. Vor mir ein Mann, Zigarre lässig im Mundwinkel. Ich hielt erst Abstand, schließlich stieg ich aus: „He, das Rauchen ist hier gefährlich!“ – „Die ist nicht an.“  - „Umso besser für uns alle!“  Ob seine Zigarre wirklich aus war, wer weiß das? An einer Tankstelle darf man auch nicht so tun, als ob. Aber man muss als „Kritiker“, zumal deutscher, aufpassen, dass man nicht den Volkszorn auf sich zieht und noch eins „aufs Maul“ bekommt.

    So wurde meine Frau neulich von einem Ehepaar angepöbelt. Die beiden hatten einen Riesenköter dabei, der seine Notdurft mitten auf dem Bürgersteig verrichtete, mitten in der Stadt, einen Schritt vom Rinnstein entfernt. Wir mussten über die Exkremente steigen, wie andere, die das klaglos taten. Meine Frau klagte. Der Hund könnte doch einen Schritt weiter… Wäre ich nicht als Beschützer dabei gewesen, wer weiß? Kein Passant hätte eingegriffen. Sie hatte nämlich das Hundehalterpaar bei der Entfaltung der persönlichen Freiheit behindert. Ein „normaler“ Franzose steigt über den Dreck weg, macht einen Bogen und schweigt. Er ist „höflich“. Er hat ihn nicht gesehen und somit gibt es den Dreck nicht.

    Unser Haus steht in einer Einbahnstraße, der Bürgersteig ist kaum einen Meter breit. Auf diesem Bürgersteig fahren, in der Gegenrichtung, erwachsene Personen mit dem Fahrrad. So etwas kann lebensgefährlich sein, zum Beispiel für Kinder, die vorher nicht die Lage peilen, wenn sie aus dem Haus treten. Zu einem, der da ständig „abkürzte“, sagte ich mal: „Sie, das ist verboten, was Sie da machen!“  Antwort: „Ich weiß!“ Und fährt weiter. (Von meinem Onkel aus Pommern weiß ich, dass er eine Egge mit den Zähnen nach oben auf einer Abkürzung über seine Wiese „vergaß“. Er wurde noch einmal und dann nie wieder behelligt. – Muss ich mir denn wirklich erst Tretminen besorgen?)

    Anschnallpflicht, Telefonieren am Steuer, Rauchen in Lokalen etc.: Für alles gibt es sinnvolle Gesetze, die das regeln, an die sich aber die wenigsten halten. Der tiefere Grund dafür ist, dass ein Franzose solch eine Regel als Eingriff in seine persönliche Freiheit empfindet, und dass der Ordnungshüter, der auf die Einhaltung der Gesetze achten muss, eben zuerst auch Franzose ist, der seinen Landsmann versteht.

    Also werden wir uns wohl innerlich auf die Waldbrände 2005 und in den folgenden Jahren einstellen müssen. Und ansonsten die guten Seiten unserer Gastländer genießen. Und zwischendurch die Grünen wählen.

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