Der Besuch der alten Herren

Verfasst am: 24. Februar 2004 von Barbara Keine Kommentare

Genau an dem Nachmittag, als Hagen mit Rudolfo mal einen Ausflug machte und mir die Aufsicht in der Ausstellung ( täglich von 15.00 bis 21.00 Uhr geöffnet) übertrug, kamen zwei wichtige ältere Herren zu Besuch, der Direktor, Inhaber und Chefredakteur des Monatsblättchens "Echo von Vagos"  und  der Heimatdichter, der schon viele Bücher über Land und Leute in unserem Landkreis geschrieben hat. Sie kamen pünktlich viertel vor 3 Uhr, was völlig ungewöhnlich ist. Die meisten Besucher kamen nämlich erst abends nach Galerie-Schluss, wenn wir gerade mal deutsches Fernsehen und die Nachrichten sehen wollten.

Zum Glück kennen mich die beiden wichtigen Persönlichkeiten, waren früher bei den Buch-Präsentationen und auf der Buchmesse dabei, bekamen immer  Gratis-Exemplare und schrieben schon das eine oder andere Artikelchen über die "Autora polaca". Den Heimatdichter habe ich auch schon einmal im Hobby- oder Hoftheater von Herrn Felix bewundern dürfen, wo er Fados und selbstgemachte Lieder vortrug. Dazu hatte sich Herr Joao auch immer passend verkleidet, mal als Seemann, mal als Safarijäger mit Tropenhelm, was ja ein hohes Maß an Aufgeschlossenheit gegenüber den schönen Künsten zeigt.
Ja, also zum Glück kannten sie mich und traten ein, obwohl ich ihnen sagen musste, dass weder der Maler noch der Galerieinhaber anwesend seien. Die meisten portugiesischen Männer wären jetzt auf der Stelle umgekehrt. Das hatte ich tatsächlich erwartet, und ich konnte es kaum glauben, dass die beiden dennoch eintraten und respektvoll die Bilder betrachteten und meine Erklärungen anhörten. Schließlich hatte ich schon mehrmals abgelauscht, was es bei jedem Bild Wichtiges zu sagen gab.

Sie fanden besonders die Bilder schön, die sie an vertraute Landschaften oder Plätze hier in ihrer dörflichen Umgebung erinnerten. Und vor einem Bild, das auch aus Sosa, Aveiro oder einer kleinen Gasse in Lisboa stammen könnte, musste ich mich dann mit dem Heimatdichter aufbauen und dekorative wegweisende Gesten vortäuschen, um für die nächste Ausgabe des Blättchens ein gutes Foto abzugeben.

Dann trug man sich mit fantastischen Schriftzügen und salbungsvollen Worten ins Gästebuch ein, wobei als besonders wichtig erwähnt wurde, dass der Besuch am Freitag, dem 13. stattfand, was für Portugiesen ein glückliches Datum ist wegen der Erscheinung der Nossa Senhora in Fatima.

Nein, ein Gläschen Wein mochte man nicht annehmen, aber dennoch blieb man am Tisch sitzen und hielt lange tröstende Reden, dass man leider nicht in der Lage sei, ein Bild zu kaufen, nicht nur wegen des Geldes, sondern weil man für ein solches Bild doch keinen Platz in der Wohnung habe. Sicher hängt da nur ein Kalenderblatt oder ein schönes buntes Bild von der Senhora oder dem leuchtenden Herz Jesu. Und zwischen röhrende Hirsche und Heiligenbilder passt ein Toscanabild von Rudolfo ja auch wirklich nicht. Wir müssten da schon in die Galerien nach Lisboa, Estoril, Sines, Setubal oder in den Algarve gehen, dort stellen erfolgreiche Maler aus, verkaufen viel und werden unheimlich reich. Also, einer hat da mal ein Bild für – was weiß ich für wieviel – Mille Euros verkauft, hat man mal gehört von jemand, der es mal gehört hat.

Ja, sie trösteten mich rührend mit den Geschichten über van Gogh und andere Größen, die zu Lebzeiten ihre Gemälde verschleudern mussten, um ihre bloße Existenz zu sichern, aber nach ihrem Tode – hei, da stürzte man sich auf ihre Werke und bezahlte horrende Summen, und die Erben lachten (mal wieder). Also, das war richtig lieb, wie die beiden alten Herren  mich als Galeriebetreiberin, die nichts verkaufen kann, da trostreich ermunterten, dennoch meine Aufgabe zu erfüllen, Kultur in die Dörfer zu tragen!

Der Besuch der alten Herren –
eine schöne Nachmittagsvorstellung,
ein Lustspiel gar
und weder dürr noch matt.

Eine Antwort verfassen