Kunsterziehung

Verfasst am: 21. Februar 2004 von Barbara Keine Kommentare

Am letzten Tag (am 20.2.2004) der Ausstellung der "Toscana"-Bilder kam die gesamte Dorfschule von Carregosa zu Besuch. Die Lehrerin Marlene Felicidade führte unter Begleitung eines Vaters, Herrn Carlos Malto, die lieben Kleinen die Dorfstraße entlang zu unserem Haus LUAZUL. Das hört sich ziemlich toll an, es sind aber nur 13 Kinder in der 1. – 4. Klasse der Escola Primaria.

Zuerst stolperten sie über den großen Hund, der sich richtig freute und von allen streicheln ließ. "Wie heißt der denn?", und der Nachbarsohn kam ganz groß raus und flüsterte stolz und vernehmlich, dass er den Hund kennt und dieser Querida heißt und mit ihm fast verwandt ist, was die andern dann wettmachten, indem sie mit dem Tier schmusten, obwohl sie doch eigentlich die Bilder betrachten sollten. Dann legte sich Querida im Saal unter den Tisch und beobachtete aufmerksam wie ein Museumsdiener die Kinderschar.

Rudolfo konnte es nicht fassen, dass dieses Kunstinteresse der Kinder einer Dorfschule seinen Bildern galt. Er lachte über die kleinen Dötzchen und staunte über ihre Fragen und Antworten.

Hagen führte die muntere Schar von Bild zu Bild, erzählte ihnen, warum der Maler die Toscana malt, warum wir uns in Portugal Bilder von Italien ansehen, dass wir jetzt alle zu Europa gehören, dass der Maler aber auch Portugal sehr liebt und besonders die schönen Pinien.
"Und warum hat er auf diesem Bild alles gelb, orange und rot gemalt?"
"Wegen der Sonne", war die einstimmige Antwort.

"Das ist das Land, wo Franziskus von Assisi gelebt hat. Seht her, das ist ein Bild von Francisco."
"Er sieht aus wie S. António."
"Ja, das war ein compadre von Francisco."

Dann erzählte Hagen, warum die Häuser so hoch sind und keine ebenerdigen Eingangstüren haben. "Seht nur die vielen Türme! Warum lebten denn die Menschen in solchen Türmen, die man nur mit Seilen oder auf einer Leiter betreten konnte?"
"Es sollte keiner reinkommen."
"Richtig, weil sie Angst hatten. Sie hatten Angst, bestohlen zu werden. Und deshalb hat der Heilige Franziskus gesagt, man soll ganz arm leben. Wer nichts besitzt, braucht niemals Angst zu haben, dass man ihn bestiehlt."

Natürlich hörten nicht alle zu, sondern drei Knaben setzten sich auf den Fußboden, stupsten sich an, tuschelten miteinander, wollten mal eben ein Glas Wasser trinken – "Ich auch, ich auch, ich auch!" – , benahmen sich aber ganz brav. Ich kenne die niedlichen Mädchen und die Knirpse ja aus der Kirche, wo sie sonntags in den vorderen Bänken sitzen und herzhaft gähnen.  

"Was seht ihr hier?"
"Einen Berg mit einer Kapelle, nein, mit einer Kirche."
"Und wie sieht der Berg aus, er ist doch sehr merkwürdig geformt?" (Er heißt Pferdeberg.)
"Wie ein Drachen!"
Großes Staunen und Lachen: "Ja, toll!"
Na, wenn man so gelobt wird, dann  fällt den anderen noch etwas Besseres ein: "Wie ein Krokodil, wie ein Kamel, wie ein Elefant…"

"Hat es euch gefallen?"
"S –iiiiiiiiiiiii", dreizehnmal lang gezogen.
"Dann sagt es dem Maler!" Und sie wiederholten im Chor den von Herrn Carlos vorgesprochenen Satz: "Danke, Herr Rudolfo, deine Bilder gefallen uns sehr gut!"

Ich fotografierte ohne Unterlass, während Hagen der Lehrerin hohes Lob zollte wegen ihrer vorbildlich disziplinierten Schüler.

"Schreibt ihr mir bitte noch in mein Gästebuch?" bat Rudolfo.
Und schon stellten sie sich in einer Schlange an und schrieben emsig ihre langen portugiesischen Namen, meistens zwei Vornamen und 3 bis 4 Familiennamen:

Miguel Angelo
Ana Maria
Pedro Miguel
Marcelo
Mariana
Olga Vanessa
Francisco Samuel
Joao Diogo
Daniela
Leandro Manuel
Gabriel
Cristiano
Daniel

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