Tierhaltung

Verfasst am: 24. Januar 2004 von Barbara 2 Kommentare

"Man kann die Größe und den Fortschritt einer Nation daran erkennen, wie sie ihre Tiere behandelt."(Mahatma Gandhi)

Unsere Nachbarin hat einen neuen Hund. Ein niedlicher kleiner brauner Welpe mit weißen Zehen – die Spitzen seiner hellbraunen Pfoten sind weiß – wuselt da vor der Tür herum, während der alte blinde Hofhund in seiner total verdreckten Ecke zwischen seinen eigenen Hundehaufen an der Kette liegt und nur noch manchmal heiser bellt. Das junge Hündchen soll wohl die Ablösung sein.

Ich habe mich so erschrocken, als ich den knuddeligen Welpen sah, es ging mir richtig ans Herz, weil sein trauriges Schicksal schon besiegelt ist. Er weiß das noch nicht und purzelt da herum. Aber ich kenne ja alle die armen Viecher hier im Dorf und weiß, wie schlecht sie behandelt werden.

Zuerst, wenn sie klein und niedlich sind, werden sie von den Kindern wie Spielzeug herumgeschleppt, geküsst und gedrückt ("zermaddert" würde es ostpeußisch heißen). Dann wird man ihrer überdrüssig, bindet ihnen einen Strick um den Hals und lässt sie bei Wind und Wetter draußen, vielleicht, wenn sie Glück haben, unter einer Plastiktonne vegetieren. "Hunde gehören auf die Straße", sagt man im Dorf. Und es ist üblich, sie mit Fußtritten zu jagen und herumzuscheuchen. Die meisten Hunde hier in Portugal ziehen den Schwanz ein und laufen ängstlich weg, wenn ein Mensch ihnen nahe kommt. Sie haben schlechte Erfahrungen mit den Menschen gemacht. Es handelt sich meistens um kleine Hunde, Mischlinge. Die kleineren  können vielleicht überleben, weil sie nicht so viel Nahrung brauchen.

Größere Hunde sind oft total abgemagert und verwildert, krank und scheu. Sie werden für die Jagd gebraucht und laufen dann in Rudeln durch die Wälder. Aber ich kenne keinen dieser Jagdhunde, der älter als 3 oder 4 Jahre wird. Sie sind eines Tages verschwunden. Vielleicht erschossen, in Ermanglung von Wild. Hier wird schließlich auf alles geschossen, was kreucht und fleucht.

Katzen haben es da etwas besser, weil sie stolz und eigenwillig ihre eigenen Wege gehen, Mäuse genug zum Fressen finden und nicht auf die Gnade der Hausbewohner angewiesen sind, die sie sowieso nie in die warme Küche und an den Ofen lassen. Ich schrieb ja schon einmal, dass sich in unserem Dorf seltsamerweise die Siamkater durchgesetzt haben, während schöne getigerte Katzendamen fast überhaupt nicht mehr anzutreffen sind. Die Siamesen müssen entweder resistenter sein als die gewöhnlichen Hauskatzen oder von den Menschen hier wegen ihres exotischen Aussehens mehr geschätzt werden.

Heute sah ich eine so dreckbehaftete Kuh in der Nähe einer Kate weiden, dass ich vor Mitleid verging. Diese magere Schwarzweiße war nur noch schwarz und wie mit Teerklumpen besudelt.

Es schreit zum Himmel. Und wenn man den Worten Gandhis folgt, dann ist Portugal noch weit entfernt von  Größe und Fortschritt.

2 Antworten

  1. Roland schreibt:

    Oh ja liebe Barbara, ich finde es auch immer wieder erschreckend, zu sehen, wie der Mensch mit Tieren umgeht.Aber wie soll es werden, wenn es "chic" ist, in irgendwelchen sinnlosen TV-Shows (holt mich hier raus…. / RTL ) z.B. Fische zur Erlangunug niederster Schaulust aus den Aquarien auf den trockenen Boden gespült werden und alles andere Getier zu Befriedigung niederer Beweggründe herhalten müssen. Und viele andere der "oberen Wievieltausendauchimmer" ( z.B. die britischen Royals) stehen dem im nichts nach?? Wir können nur mit gutem Beispiel vorangehen und hoffen, das es irgendwann fruchtet. Der Enkel Deiner Tante Edith :-) )

  2. Christine schreibt:

    Liebe Barbara, Du sprichst mir aus tiefster Seele. Ich lebe gerne in Portugal, aber die Behandlung der Tiere bricht mir immer fast das Herz. Seit ich mich um eine Meute obdachloser Hunde kümmere(in meiner carinha sind immer ein Sack Hundefutter und ein Kanister Wasser mit div. Schüsseln) lerne ich aber auch andere Portugiesen kennen. Gerade gestern habe ich mich mit einem Mann in Vagos unterhalten, der selbst etwa 8 herrenlose Hunde bei sich aufgenommen hat. Er meinte traurig, dass viele seiner Landsleute leider "pouco cultura" haben und dass man den Charakter eines Menschen daran erkenne, wie er zu den Tieren ist. Die Gespräche mit solchen Menschen versöhnen mich dann manchmal wieder ein wenig mit dem Rest der Welt.
    alles Liebe weiterhin von der Nachbarin

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