Krippenspiel 2003

Verfasst am: 27. Dezember 2003 von Barbara 2 Kommentare

Nach dem Essen und der Bescherung gingen wir durch die klare Sternennacht zum Stall von Bethlehem.

Ja, das gute Essen. Das muss ich zuerst erwähnen, denn für Portugiesen ist das Essen zu Weihnachten das Wichtigste.
Die frisch gegrillten Frangos, der Bolo Rei, der köstliche Bacalhau (ein neues Rezept von Letizia, mit Schinkenscheiben garniert, eine "nova idea", wie Arcindo fachmännisch erklärte).

Für uns ist allerdings das Krippenspiel das Wichtigste, es war einmalig trotz seiner
altbekannten traditionellen Form, wir spielen es nun zum 5. Mal. Wir wiederholen es Jahr für Jahr und sprechen von einer Tradition, aber es ist nie "immer dasselbe".

Da der Padre nach seiner Operation noch sehr schwach ist, schickte er einen jungen Vertreter und zwei niedliche mexikanische Schwestern, von denen die eine im weißen Gewand sich ein goldenes Stirnband umschlang und zu den Engeln gesellte. Sie sang mit spanischem Akzent und stand neben Madleen, die sich als Oberengel (mit deutschem Akzent) großer Bewunderung erfreute. So einen blonden großen Engel hatten die Hirten von Carregosa vorher nie gesehen.
Die Schwestern staunten und waren hingerissen und angerührt und des Lobes voll über das wunderbare dörfliche Ereignis. Sie bedankten sich anschließend bei allen Dorfbewohnern und küssten alle Mitwirkenden.

Die Kuh Carece war brav wie immer; ein Ziegenböckchen hatte sich vorher voll Übermut noch ein Horn im heiligen Stall von Bethlehem abgestoßen und sah mit seiner Kopfwunde ziemlich kläglich aus; die beiden Eselchen von Günter und Petra kennen die Heilige Nacht ja schon seit Jahren, sie sind sozusagen krippenspiel-erfahren und ertragen sanftmütig die vielen Gesänge, sie stehen da und spielen mit ihren Eselsohren.

Auf einem Strohballen im Stall saßen fromm und andächtig die alte Maria de
Nazaré und ihr Ehemann, sie saßen da wie die Großeltern des Christkindes, wie die Heilige Ana und Joaquim. Maria,
die sanfte, traurige Dona Gloria, sang wunderschön, hatte aber viel Mühe,
das kleine Jesuskind namens Francisca zu beruhigen, das immerzu weinte. Maria Auguste aus dem Chor meinte nachher, wir sollten das nächste Mal lieber eine Puppe nehmen, aber ich finde es gut, wenn alle hören, dass hier ein echtes kleines Kind ob dieser rauen schnöden Welt weinen muss. Dann erinnerte sich aber eine andere Dona aus dem Chor daran, dass der Pastor im
nächsten Jahr selbst ein Enkelkind haben wird und ob wir das nicht vielleicht einfliegen können, weil es sicher der schönste Deus Menino – egal, ob Junge oder Mädchen – wird, der sogar die deutschen Regieanweisungen verstehen kann.

Die Hirten sprachen diesmal sehr gut und beherrschten ihren Text. Das Feuer
qualmte ätzend. Ein staatlich geprüfter Schauspieler aus Berlin (jaha!) gab den 4.
Wirt, ich sang den 3. Wirt bei der Herbergssuche. Hagen verkündete mit großer Kraft und lauter Stimme die große Freude, bei der alle erschraken und sich suchend umsahen. Dann entdeckten sie den Engel auf dem Balkon des Nachbarhauses und lachten. Nuno – der König mit dem Weihrauch – kam diesmal auch würdevoller und weihrauchkessel-schwingend daher, der Schwarze war wieder die Attraktion des Abends und Dorindo einfach majestätisch.

Während der Chor das schwungvolle Schlusslied "Cristãos, alegria" und
"Saudemos Jesus!" sang, hob die mexikanische Schwester die Deus-Menino-Figur aus der Krippe und hielt sie den Menschen hin, die in langen Reihen vorbeidefilierten und das Kind küssten. Das bringt nämlich Segen. (Weshalb am nächsten Morgen dann wieder alle Schlange stehen, wenn nach der Missa das Kind geküsst wird. Doppelt hält besser.)

Das Hirtenfeuer brannte noch die ganze Nacht, und die Männer standen dabei und wärmten sich.

Also, ich kann mir nicht helfen: Ich finde Weihnachten schön.

2 Antworten

  1. Barbara schreibt:

    Es ist selbst für mich interessant, im Archiv die mail über das Krippenspiel 2002 zu lesen.

  2. Töchterlein schreibt:

    Und voller Stolz trug ich den Stern durchs ganze Dorf. Es war ein wunderschönes Weihnachten und ein wunderschönes Krippenspiel. Es war fremd und doch vertraut und es war

    WEIHNACHTEN

    Weinachten in Protugal, Weihnachten in meinem Herzen.

    Eine Heilige Nacht, deren Licht noch jetzt leuchtet, deren Lieder nocht jetzt leise klingen und deren Bortschaft mich noch immer erfüllt.

    Als das Flugzeug nach Deutschland startete, erklang zum Abschied das Wiegenlied der Maria.

    Tschüß Mama!

    So weit entfernt und doch geborgen – die Liebe einer Mutter reicht weit.

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