Weihnachts-Bacalhau

Verfasst am: 18. Dezember 2003 von Barbara Keine Kommentare

Meine Nachbarin ruft an: "Komm mal bitte rüber."
"Ich kann jetzt nicht, hier sind einige Handwerker, ich muss dabeibleiben, ich kann jetzt nicht weggehen. Worum geht es?"
"Ich will dir zeigen, wie weit ich mit dem Bacalhau bin, komm mal schnell, ich will dir das zeigen."
"Na gut, ganz kurz."
"Ja", sagt sie, " nur 5 Minuten."

Dieser heilige Bacalhau. Für das Geld hätte ich 2 Truthähne oder 6 Kilo Rindfleisch oder 10 gebratene Frangos kaufen können! Aber die gelten ja alle nicht. Weihnachten wird es nur mit Bacalhau. Und der kostet mich Nerven und Zeit.
1 Nachmittag Palaver über die Anschaffung und Zubereitung,
1 Vormittag Einkauf mit Arcindo, dem Spezialisten und Bacalhau-Kenner
1 Nachmittag weiteres Palaver über das Wässern,
mehrere Telefonate zur Kontrolle meiner Vorbereitungen, ob ich das auch alles richtig mache,
und jetzt noch mal 5 Minuten, die sich zu einem Vormittag ausweiten werden, bekanntermaßen…

"Bom dia, was gibt es? Probleme?"
Die Nachbarin erzählt mir mit tränenfeuchten Augen, wie schlecht es ihr geht, überall tut es weh, sie kann gar nichts mehr machen, dieses Ziehen in der Schulter… Die Arme tun ihr weh, sie kann keine Kartoffel mehr schälen, alles schmerzt. Dabei rührt sie mit viel Energie in einer Riesenschüssel eingepökelte Fleischstücke um. "Der Arzt war schon da und hat mich zu einer Untersuchung geschickt. Morgen früh gehe ich zur Untersuchung. Die Knochen,… ah, es tut so weh."
"Und was ist mit dem Bacalhau?" frage ich, denn 20 Minuten sind schon vorbei.
"Ja, du kannst ihn jetzt aus dem Wasser nehmen. Du hast ihn doch gut gewässert und das Wasser immer wieder erneuert? "
"Ja, habe ich."
"Dann nimm ihn jetzt raus und suche die besten Stücke heraus." Sie zeigt mir die besten Stücke, nimmt jedes einzeln in die Hand, in der Tat: Es ist eine heilige Handlung. Eine portugiesische Hausfrau im Umgang mit Bacalhau – das ist eine weihevolle Szene. Heiliger Bacalhau.
Dann legt sie in eine weiteren Schüssel die Stücke, die ihr nichts herzugeben scheinen, die Schwanzflosse und die Backenknochen, die Kiemen, die kann man schon vor dem Fest essen, mit Kohl und Kartoffeln und Zwiebeln und Gemüse bereitet,… sie zählt alle geeigneten Sorten von Gemüse auf. Die aus ihrem Garten sind die besten, denn der Brokkoli aus dem Geschäft taugt nichts, aber ihre Kohlblätter sind wunderbar. Und immer wieder: "Verstehst du?"

Ich verspreche hoch und heilig, alles genauso wie sie zu machen, und ich bedauere sie und den traurigen Umstand, dass sie so leiden muss und nicht selbst meine Bacalhaustücke sortieren kann. Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen. Aber natürlich weiß ich nicht, ob ich je die guten und die schlechten Erbsen von Aschenputtel unterscheiden kann. Sowas Dummes. Aber, das Aschenputtelchen nahm doch auch die Tauben zu Hilfe, die ihr bei der Küchenarbeit halfen. La Paloma ohe!

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