Der Koffer des Roland

Verfasst am: 11. August 2003 von Barbara Keine Kommentare

Das Flugzeug aus London landete pünktlich in Porto. Wir warteten und warteten an der Zuschauerabsperrung auf Roland. Der war anscheinend nicht mitgekommen. Alle Passagiere waren schon vorbeigezogen, nur er nicht. Und angerufen hatte er auch nicht. Schade.

Hagen ging mutig zu den Angestellten und wollte fragen, ob der Fluggast wohl überhaupt mitgekommen war, da entdeckte er ihn auch schon: Roland war da, aber sein Gepäck nicht.

Nach 1 Stunde wussten wir, dass sein Koffer noch in London-Gatwick steht, dass dieser aber sofort nachgeschickt und innerhalb von 24 Stunden ausgeliefert wird.

Nun hatten wir also 24 Stunden Zeit für wildes Spekulieren: Der Koffer ist sicher untersucht worden und man hat die Flasche mit der Neutralseife gefunden und diese als chemischen Kampfstoff deklariert. Oder sonstwas. Und der kommt nie mehr an. Und der wird bestimmt nicht ausgefahren. Die finden doch überhaupt unser Dorf nicht. Die wollten doch anrufen, aber keiner ruft an. Sicher ist die Nummer nicht richtig aufgeschrieben  worden. Ich habe doch überhaupt keine Hemden und Hosen mehr, nur das, was ich seit 36 Stunden auf dem Leib trage, jetzt muss ich mir etwas zum Anziehen kaufen, aber auf deren Rechnung. Aber hier im Liliputland findet man sowieso nichts in Größe XXXL für einen 2m langen Mann.

Ich behauptete steif und fest, dass – wenn die gesagt haben, der Koffer kommt am nächsten Tag – dieser ganz bestimmt eintrifft. Seid doch nicht so pessimistisch. Auch hier in Portugal hält man sein Versprechen.

Als 24 Stunden nach der Ankunft vergangen waren und niemand von der Fluggesellschaft sich gemeldet hatte, wurde Roland leicht unruhig und rief in Porto an. Die Auskunft lautete: Der Koffer wird mit der nächsten Maschine kommen, fragen Sie in 2 Stunden wieder.

Nach 2 Stunden hieß es, der Koffer sei unterwegs, Ankunft unbestimmt.

Nach weiteren 2 Stunden hieß es:  Ja, der Koffer ist in London gefunden worden, mehr wisse man nicht.

Auch das deutsche Reisebüro konnte nicht weiterhelfen und schloss übrigens am Freitagabend um 22 Uhr sein Büro.

Roland ging baden.
Er blieb mit der geliehenen Badehose so lange im Atlantik, bis die Sonne unterging.

Später beim Nachtessen kam ein Anruf vom Flughafen, dass da ein Koffer von einem Senhor Roland sei (hurra!) und wohin der besagte Koffer gebracht werden solle, worauf wir lang und breit und ausführlich den Weg erklärten, auf portugiesisch und (sowieso) in englischen Zungen.

Nach 1 Stunde rief ein Fahrer an und erkundigte sich noch einmal nach dem Weg, ließ sich alles erklären und gab das Handy an seine Mitfahrerin weiter, der wir (inzwischen schon fließend auswärts und auswendig) den Weg erneut beschrieben. Dann warteten wir noch lange, lange auf dem Hof und zählten die Sterne am Nachthimmel. Und schließlich gingen wir zu Bett.

Just in diesem Augenblick – es war immer noch heute!! – genau um Mitternacht hielt ein Auto vor dem Haus und übergab den Koffer unversehrt. Und wir konnten alle wunderbar ruhig schlafen. Ich besonders, denn ich triumphierte!

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