Der Chorausflug 3.Teil

Verfasst am: 14. Juli 2003 von Barbara Keine Kommentare

Plötzlich hörten sie alle gleichzeitig zu spielen auf und schlenderten zurück zum gedeckten Tisch, laut und indiskret diskutierend, wieviel Geld jeder als Beitrag für diese Orgie zahlen muss. Es hatte sogar einmal einen Zettel gegeben, auf dem alle Teilnehmer aufgelistet waren, aber der Zettel war natürlich nicht mehr da, und so zählten die Frauen mehrmals durch, wieviele Personen nun da waren. "Bewegt euch nicht! ( …und wer sich umdreht oder lacht, der kriegt den Buckel vollgemacht!) Jetzt muss ich noch einmal von vorne anfangen!" Schließlich hatten sie ihre Ausgaben zusammengerechnet und die Teilnehmerzahl festgestellt und versuchten das eine durch das andere zu teilen, wobei jeder – "Wer hat einen Taschenrechner??" – zu einem anderen Ergebnis kam.
"Hier hast du schon mal von uns einen aufgerundeten Betrag", sagte Hagen, und Dorinda steckte das Scheinchen in die Tasche, wo sie es vergaß.

Zum Schluss fehlte natürlich ein Betrag, nämlich genau dieser. Unter großem Gekicher wurde jeder bezichtigt, nicht bezahlt zu haben. Laut beteuerten die Väter ihre Unschuld, bezahlten um des lieben Friedens willen noch einmal und verurteilten die arme Rechenkünstlerin Dorinda schließlich, als sie den Geldschein wiederfand: "So, jetzt gehen wir alle ins Césars Café und trinken einen cafesinho! Und du bezahlst!"

Wie aber kommt man bei strömendem Regen durchs Dorf zu Césars Café?

Schon hatten die Männer eine riesige schwarze Abdeckplane ausgebreitet, hielten diese an den Ecken und den Rändern hoch über ihren Köpfen fest und boten dem wandernden Gottesvolk solchermaßen ein schützendes Dach. Alle Frauen und Kinder "schlupften unter die Deck". Der große Antonio spießte mit einem Regenschirm die Zeltdachmitte von unten auf und hob sie hoch, so hoch er konnte. Schreiend, lachend und singend setzte sich der Zug in Bewegung. Es war irre lustig und sehr warm unter der Plastikfolie. Der Regen prasselte darauf und floss an den Seiten herunter. Wir aber waren geborgen, marschierten im Gleichschritt, fühlten uns stark und unschlagbar, denn wir "steckten alle unter einer Decke".

Ein starkes, und wie ich finde: sehr symbolisches Bild. "Siehe da, das Zelt Gottes bei den Menschen."

Hin und wieder erlahmte der Arm von Antonio, dann ließ er den stützenden Deckenbalken (Regenschirm) sinken und das Zeltdach auf unsere Köpfe fallen. Welch ein Gejauchze und Geschrei beim ersten Mal!
Dann aber schlug die Stimmung plötzlich um. Es hätte schlimm werden können. Das Volk kam aus dem Marschrhythmus, es wurde dunkel um uns ("Nacht fiel über Gotenhafen") und unter dem schweren Zeltdach viel zu schwül, man schubste, drängelte, trat den Vordermann, Manuel stürzte…

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