Alte Häuser

Verfasst am: 29. Oktober 2002 von Barbara Keine Kommentare

Lieber Claudio,
du warst so erschrocken beim letzten Besuch und staunst über den Bauboom in Portugal. Das ist wirklich so furchterregend. Und wir kommen uns wie einsame Verrückte vor, weil wir unser altes Haus in Portugal hier so lieben und pflegen. Alle finden das ein bisschen irreal und spinnert. Sie sagten schon damals, wir sollen uns doch lieber ein neues Haus bauen.

Aber hat ein neues Haus etwa eine Geschichte?
Kann es mir erzählen von damals, von den Bewohnern, von den Kindern, von ihrer Arbeit?
Hat es einen Geruch oder ein Geheimnis?

Weißt du, ich fand doch einmal auf einer Abrissbaustelle einen alten Pass von der Großmutter, die dort gelebt hatte. Eine hagere Frau mit schwarzen Saudade-Augen schaute mich so ernst und traurig an, dass ich am liebsten den gefühllosen Bauarbeitern, die da respektlos die Steine abräumten – weißt du, Steine, die die Frau selbst gebrannt hatte! – die Augen ausgekratzt hätte.

Auf einer über 100 Jahre alten Tafel am Gutshaus von Streu auf Rügen steht ein Spruch, der eigentlich an jedem alten Haus auf dem Lande – auch in Portugal  - stehen müsste. In diesem Spruch werden wir auf unsere Pflicht angesprochen, das Bestehende zu erhalten, aber auch frei zu gestalten:

Man reißt ein Haus nicht ein,
das Väter fest gebaut,
doch richtet man es sich ein,
wie man es am liebsten schaut.

In Mecklenburg hat sich ein "Verein zur Erhaltung der Kulturlandschaft" gebildet. Wie wichtig wäre es, dieses Gedankengut auch auf dem Lande in Portugal zu verbreiten! Ich muss diese Worte unbedingt übersetzen.
Und ich kenne zumindest eine Person, die tapfer dafür kämpft und Artikel über die Häuser auf dem Land (Fassaden und Dekorationen) schreibt: die Lehrerin Fatima aus Carromeu bei Mira.

Die E.F.E.U. (Europäische Föderation für die Erhaltung der Umwelt) hat "4 Gebote der Heimatliebe" aufgestellt:

Was tun mit herrenlosen Häusern?
1. Erhalten und nutzen ist besser  als leer stehen lassen.
2. Leer stehen lassen und schützen ist besser als verfallen lassen.
3. Einzäunen und verfallen lassen ist besser als abreißen.
4. Am besten ist:
Behutsam wiederherstellen und mit neuem Leben füllen.

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