12. Zwei Bettgeschichten

Verfasst am: 26. August 2016 von Barbara Keine Kommentare

I.
Krankenzimmer mit 4 Betten. Später Nachmittag. In einem Bett sitzt zusammengesunken eine Patientin vor der Kopflehne, die senkrecht gestellt worden war, damit die Patientin aufrecht sitzen konnte. Die Patientin kann sich nicht bewegen und möchte sich gerne ausstrecken, weiß aber nicht, wie sie das Kopfende herunterkurbeln kann. Sie klingelt nach einer Schwester.
Nichts bewegt sich.

Die Patientin klingelt ein zweites Mal.

Eine Frau (streckt den Kopf durch die Tür und stellt die Klingel ab):
Wir haben heute keine Zeit.


Die Patientin klingelt nach einer Weile noch einmal, sie kann wirklich nicht mehr sitzen und braucht Hilfe.
Vor dem Krankenzimmer steht der Teewagen, eine Aushilfe mit blauer Schürze hält ein Buttermesser in der Hand, womit sie Brötchen schmieren will, und erklärt entrüstet:
Wir haben heute keine Zeit.
Patientin: Aber… ich brauche mal Hilfe.
Frau mit Buttermesser: Die Schwestern haben keine Zeit.
Patientin: Dann helfen Sie mir doch bitte mal, ich möchte ja nur…
Frau mit Buttermesser: Das ist nicht meine Aufgabe. Das dürfen nur die Schwestern machen.


Patientin klingelt erneut.
Eine Frau kommt angerauscht, keine von den Schwestern, eine junge Frau, sehr ungehalten über die Belästigung durch das dreifache Klingeln: Was ist denn? Was möchten Sie?
Patientin, bescheiden: Ich möchte ein Bett, in dem ich liegen kann
Frau: Sie haben doch ein Bett!
Patientin: Ja, aber…
Frau: Wir haben nur diese Betten.
Patientin: Das weiß ich ja, aber ich möchte liegen, nicht sitzen.
Frau: Dies ist ein Bett. Sie sitzen jetzt drin, es ist ein richtiges Bett, in dem man liegen kann. Auch wenn Sie jetzt drin sitzen, ist es ein richtiges Bett.
Patientin: Ich weiß. Helfen Sie mir doch bitte, dass ich liegen kann.
Frau: Wie? Sie wissen nicht, wie man in einem Bett liegt??? Sie rauscht empört hinaus.

Patientin kauert zusammengefaltet in ihrem Bett und murmelt: Hält die mich für dement und verwirrt, nur weil ich alt und krank bin, bin ich deswegen gleich desorientiert oder von Medikamenten berauscht?. Das gibt’s doch nicht!
Sie lacht und kichert vor sich hin.

Frau mit Buttermesser steckt den Kopf durch die Tür, wirft einen vorwurfsvollen Blick auf die kichernde Patientin und zieht sich kopfschüttelnd zurück.

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