30. Farben

Verfasst am: 5. November 2003 von Barbara Keine Kommentare

                     

Beim Gemeindefest zum Johannistag in Salvador hatten wir Regina und Delmar und ihre Tochter getroffen. Drei Tage später schenkten sie mir eine Halskette und ein Armband aus klitzekleinen Kokosnüssen (kann man auf dem Foto sehen) und ein von Regina gemaltes Porträt einer lachenden Baiana.

Ich bin noch immer tief gerührt.

Wir schleppten das Ölgemälde mit uns herum, stellten es dekorativ überall auf, es passte sogar in den Koffer, als wir die Rückreise antraten. Die Zollkontrolle beachtete uns gar nicht mit unserem Ausfuhrartikel moderner brasilianischer Arte Naif. Jetzt hängt das Bild im Sala de Estar, wie soll ich das nennen – im portugiesischen Wohn-, Ess- und Arbeitszimmer. Es hat zum Glück noch keinen Rahmen, denn es würde sofort aus diesem fallen.

Was mich täglich erfreut, ist nicht nur die Erinnerung an die liebevolle Geste (Wer malt einem sonst noch in 3 Tagen ein Ölbild?), sondern vor allem die Farbenpracht. In unserem alten Haus gibt es sonst keine so leuchtenden Farben, alles ist dezent und unaufdringlich, gedeckt und grau, verwaschen und blass. Das traditionelle Blau der Hofwände, der Holztäfelung, Fensterrahmen und Türen ist von diesem unbeschreibbar melancholisch-traurigen Türkis-Wasser-Blau, das es nur hier unter dem Regenhimmel Nordportugals gibt  - Saudade pur. Und die Menschen hier sind meistens auch so dezent gekleidet, was heißt dezent: grau in grau, dunkelblau, schwarz, braun, graugrün. Und in dieser sanft-schwermütigen Tristeza lacht nun auf gelbem Hintergrund die Baiana mit ihrem blütenweißen, violett schimmernden Turban und im leuchtend blauen Spitzenkleid mit himbeerrotem Kragen.
Es ist positiv, energievoll, knallig, kräftig und fröhlich, dieses Bild, eine Hymne an die Freude, schöner Götterfunken, ein Ja zum Leben.

Aber das fiel mir in Bahia gar nicht so sehr auf, weil dort alles so leuchtend bunt war, die Farben strahlten viel mehr unter der Sonne, die weißen Zähne blitzten in den brauenen Gesichtern, die Lippen waren rot, die Kleider prächtig bunt, die Badeschlappen pink und neonfarben, die Sonnenschirme quietschbunt, und alle Plastikgegenstände von schreiender Farbe. Niemals habe ich so stolze hübsche Schwangere gesehen, die ihre schokofarbenen Bäuchlein so fröhlich durch die Gegend trugen, nur von irgendeinem regenbogenfarbenen Hauch Stoff umweht.

Wir kauften uns auch rote, erdbeerfarbene, orange, gelbe Hemden und T-Shirts, zweifarbige Sandalen, quietschbunte Taschen. Das musste sein.

Und dann landeten wir in Lisboa, es regnete, alle Menschen hatten graue Gesichter, trugen dezente unauffällige Kleider und Jacken, hatten ihre schwarzen Regenschirme aufgespannt und stachen damit Löcher in den tristen Himmel.

Nur Hella nicht.
Sie wartete dort auf uns, stand in der Menschenmenge und strahlte wie die Baiana. Ein Farbklecks. Ein Stück Brasilien! Hurra!
Sie trug ein dottergelbes T-Shirt.

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