A Festa Grandiosa 2007
Verfasst am: 20. August 2007 von Barbara
und wortgetreu und in genauer Übereinstimmung bis auf eine entscheidende Veränderung !wiederholt
am 22.8.2015
Vom Winde verweht.
Da haben wir also den Höhepunkt des Jahres erreicht: das große Fest zu Ehren Unserer Lieben Frau von der Gesundheit. Die Sonne scheint, die Musik marschiert durchs Dorf, die Lautsprecher dröhnen, alle Leute haben frei und schlafen ihren Rausch aus oder überhaupt sich selbst mal ordentlich aus nach der anstrengenden Vorbereitung der letzten Wochen. Meine Güte, was hat man, nein, besser frau alles geschafft und gemacht und getan und eingekauft und bis in die Nächte gearbeitet uns sich Sorgen gemacht, ob das mit dem Essen auch alles klappt.
Um es kurz zu machen: Es hat geklappt. Mit dem Essen hat alles ganz wunderbar geklappt
Der Tisch war gedeckt mit dem guten Porzellan und den passenden Gläsern und dem neuen Tischtuch, einem Geschenk der Nachbarin, und das Besteck war auch das gute aus der Sonntagsschachtel. Die Gäste hungrig und festlich gestimmt, langten kräftig zu:
Zuerst Hühnerbrühe (“Am Anfang gibt es immer Hühnerbrühe”) und danach Lammfleisch mit Kartoffeln und Tomatensalat (wer kein Lammfleisch mochte, für den gab es Huhn im Topf, sehr lecker), danach Spanferkel mit Orangen und Sekt, danach Obst in Mengen, also Ananas (gegen Cholestrol) und dicke blaue Trauben aus dem eigenen Garten und Orangen, und dann kamen die Puddings und Eistorten und dann kamen Tee und Kaffee mit Törtchen und dann kam die Messe, zu der natürlich keiner gehen konnte wegen Verdauungsschlaf und Magenfülle und Abwasch, und dann kam die Prozession, -
Und dann war plötzlich doch alles anders als sonst.
Die Prozession kam nämlich nicht durch unsere Straße – “Deus nao passa na vossa rua!” Die Prozession ging nur bis zum Schandpfahl, zum Kreuz, wo immer noch als Anklage für Jesus – statt INRI – steht: DIE FESTKOMMISSION 2005, ja, bis zu diesem Kreuz prozedierten sie, und dann bogen sie ab ins Unterdorf.
Welche Enttäuschung!
Da standen nun die Hausfrauen mit ihrem Korb voll duftender Kräuter für die Nossa Senhora, und sie kam nicht! Aj tristeza. Da hatte die fleißige Hausfrau den ganzen Frühsommer die Kräutlein im Blumentopf gehegt und gepflegt, das duftende kleinblättrige Basilikum (Manjerico) und die Myrthe – alles für die Katz. Laut lamentierend stand die enttäuschte Frau da und beklagte ihr Geschick: “Gott passierte nicht in ihrer Straße”, es war ganz offensichtlich, dass der Segen an ihr vorbei gegangen war. Die Nachbarinnen pflichteten ihr eifrig bei: “Nein, sowas ist doch noch nie dagewesen, das hat es noch nie gegeben, immer ist die Prozession hier vorbei gekommen, immer, und immer hattest du die schönsten Kräuter hingestreut, alle Leute haben gesagt, dass vor deinem Haus die besten wohlduftenden Kräuter liegen, und nun diese Neuerung, nein, das ist nicht schön, das hat es früher nicht gegeben!”
Und missmutig verteilte die um ihren Segen Gebrachte die Kräuter an die Vorüberlaufenden. Den Rest schüttete sie auf die Straße, und der heftige Wind trug alles davon.
Ja, es war wirklich ein wahnsinniger Wind aufgekommen. Vielleicht war das sogar ein Ausläufer vom Wirbelsturm, der gestern auf Jamaika zu brauste und überall Schaden anrichtete, ja, sogar die Raumfähre zur früheren Rückkehr zwang, da man fürchtete, er könne die Kontrollstationen beschädigen. So war das kleine Dorf also mitten im Weltgeschehen drin und beteiligt an den kosmischen Vorgängen.
Der starke Wind zauste am Baldachin, unter dem der Padre schritt, der Wind zerrte an den Fahnen, verwehte die Musik, fegte die Blumen und Gräser fort, zerstörte die Blumengestecke, riss den Männern die Hüte vom Kopf und bauschte die Röcke und Blusen der Frauen auf, ja, veranlasste die ganze Prozession, einmal andere Wege einzuschlagen als sonst.
Allerdings glaube ich, dass die neue und kürzere Wegstrecke deswegen beschritten wurde, weil sich keiner mehr bereit findet, die schweren Statuen zu schleppen. Der jetzige Kirchenvorstand macht das nun schon 8 Jahre lang ohne Unterbrechung und ohne Ablösung. Sie würden gerne einmal ihr Amt weitergeben an kräftige Nachfolger, aber die kommen nicht in die Kirche. Haben mit ihr “nix am Hut”. Diese jungen starken Männer bauen höchstens die Bierbar mit, aber möchten nicht die Fahnen, den Baldachin oder die Dorfpatronin Nossa Senhora nebst dem Heiligen Antonio tragen, der (deswegen vielleicht?) noch grünlicher und kränker aussieht als im vorigen Jahr. Dieses schwere Amt müsste man ja auch bei Beerdigungen und anderen Heiligenfesten ausüben. Davor drückt sich der säkulare Macho natürlich.
Im letzten Gottesdienst hatte der Padre gesagt, wir sollten nicht vergessen, dass eine Romaría, ein Dorffest, ein religiöses Fest ist und eine tiefe Bedeutung für das kirchliche Leben hat und seine Wurzeln tief im Glauben besitzt. Bei diesem religiösen Fest solle man Gott loben , die Heiligen Gottes verehren und miteinander in christlicher Liebe umgehen.
Ein schönes Programm.
Hängen geblieben ist im Lauf der Jahre nur noch die Nächstenliebe in Gestalt einer Einladung zum großen gemeinsamen Festessen.
Aber wem sagte er das? Die da saßen, wissen es ja und handeln danach, und die andern merkten es nun vielleicht, als die Prozession den Segen nicht in gewohnter Weise zu ihrem Haus brachte.