Das Kirchenkonzert am 7.März 2015
Auf den großen Plakaten waren ein Foto des großen Jugendorchesters und –chors von Porto zu sehen und die Namen, sowie der Termin und die Kirche als Veranstaltungsort, dazu groß gedruckt: Beginn 20.00 Uhr. Das ist ungewöhnlich, weil in Portugal alle Veranstaltungen eigentlich um 21.30 Uhr beginnen.
Um 20.00 Uhr wurde noch die Messe zelebriert, während die schwarz gekleideten jungen Chorsängerinnen und –sänger mit ihren Notenblättern wartend herumliefen und die Musiker mit ihren Instrumenten ein Plätzchen zum Üben suchten. Nur keine Eile! Die Messe wurde gefeiert, wie es üblich war, oder noch ein bisschen mehr. Endlich der Schlussgesang, endlich das Scharren der Füße, endlich gingen die Türen auf, die fast nur älteren Gottesdienstbesucher kamen heraus, manchen blieben auch gleich sitzen, man weiß ja nie, was da noch kommt…
Der Tabernakel war leer geräumt, die Türchen standen offen. Das ewige Licht brannte auch nicht mehr.
Der Küster schleppte Stühle herbei. Die Kirche füllte sich. Man begrüßte sich mit Küsschen und freundlichen Worten. Um 20:35 Uhr zogen die Musiker in den Altarraum ein und stimmten ihre Instrumente. Das Publikum applaudierte erwartungsvoll. (Ich gebe zu, dass ich es war, die zu klatschen begann, eigentlich nur um ein wenig Wärme zu erzeugen. Aber es passte gut.) Bald trat noch ein Redner auf und nach dem Beifall für ihn erschien der junge lachende Organist und danach der Maestro, ein kleiner grauer, sehr müder alter Herr.
Sie spielten 3 Sätze einer Sinfonie mit Orgel von Hayden (!!) Vielleicht war es tatsächlich nicht der bekannte Joseph, von dem dieses langweilige Musikstück mit den schrägen Einsätzen und der unpassenden Orgelbegleitung stammte.
“Unser Maestro hat mehr Leben und Feuer, Gott sei Dank”, sagte ich zu meiner Nachbarin, einer führenden Sopransängerin aus unserem Stadtchor. Sie antwortete ganz diplomatisch: “É diferente”, und damit ich auch begreife, dass das hier natürlich etwas anderes ist : ” É classico – Das hier ist klassische Musik.” Sie applaudierte dann auch frenetisch und stehend, und das weckte wenigstens die anderen Zuhörer wieder auf.
Es folgte ein Solo auf der Orgel, das auch sehr classico war. Aber der junge Orgelspieler verbreitete mit seinem glücklichen Lachen sehr viel Sympathie, das war also ebenfalls diferente. Und nun sollte die Mozartmesse kommen.
Dieser jugendliche Chor ist groß und gut geschult, sie haben sehr schöne Stimmen und sie sangen das Kyrie, das Gloria, das Credo, Das Sanctus, Benedictus und Agnus Dei mit Ernst und gewohntem Engagement, wie sie es als Katholiken kennen. Die Solisten hatten wunderschöne Stimmen, so einen jungen warmen Sopran und so einen jungen herrlichen Alt habe ich lange nicht mehr gehört. Aber wo war Mozart, bei dem selbst evangelische Theologen “Engelsmusik” hören und lieben?
Und dann kam, was kommen musste: Es wurden Dankesworte und Blumen überreicht. Diese hatte eine etwas nervöse Blumenfrau in einem Korb zum Konzert mitgebracht, der Korb war ihr schon mehrmals umgefallen, die Blüten lagen auf dem Boden, ständig suchte die Blumenfrau während der Musik einen sicheren Platz, dann schließlich verpasste sie das Ende und drängte sich von hinten nach vorn durch die applaudierenden Leute, die auf die Kniebänke gestiegen waren, um die Gratulationszene zu sehen:
Die Blumen waren diese unsäglichen Anthurien, wächsern und grünlich-leichenblass mit einem Stempel, der aussieht wie – na, sagen wir mal: wie Spargel.
Das war also die Aufführung eines Spargel- Tarzans?
Und der hat die Seele vom Mozart verscheucht und die von Haydn auch?
Aber das habe ich schon öfter erlebt, wenn die Technik perfekt ist, aber die Seele fehlt. Wie schade – dieser faux pas classico!
Da lob ich mir doch euren Maestro und den Chor der mit Feuer und Flamme und Seele singt – Plaisir d’amour …