Zwei Gläser Paprikamus
Jemand klopft am Hoftor. Klopft, klingelt, hämmert, poltert, schimpft.
B: Jaaaa! Ich komme ja schon !
( öffnet das Hoftor). Ah, Dona Ana, boa tarde.
A: (vorwurfsvoll): Schläfst du?
B: Nein, sonst wäre ich ja nicht hier. Guten Tag. Was ist denn? Ist was?
A: (aufgeregt): Lass mich mal rein. Ich will dir schnell was bringen. Erstmal hier 12 Eier .
B: ( schaut in die Plastiktüte: aha, die Miniausgabe, nicht verkäuflich, nicht so wertvoll! ) Oh, danke schön. Die mögen wir.
A: Und hier habe ich im Eimer den Rest von meinem Paprikapüree. Das habe ich gerade fertig. Ist sehr viel Arbeit. Da muss man ja vorher die reifen Paprikaschoten überbrühen und die Pelle abziehen…
B: Ja, ich weiß.
A: Aber jetzt habe ich keine Gläser mehr und da hab ich zu meinem Mann gesagt: „Ich geb der Barbara den Rest!“ !!
B (nickt zustimmend, denn das ist wahr, bekundet aber Interesse): Lass mal sehen. – Oh, schönes rotes Paprikapürree!
A: Ja, aus meinem Garten, alles Bio… Aber jetzt habe ich keine Gläser mehr. Hast du Gläser?
B : Ja, ich habe viele leere Marmeladengläser mit Twistoff-Deckel. Wie viele brauchst du?
A: Zeig mal her.
A und B gehen in die Küche.
B: Schau, hier. Vielen Dank. Dann werde ich die Masse hier einfüllen.
A umklammert ihre Plastiktüte mit dem Eimer: Nein, den Eimer will ich wieder mitnehmen. Oder ich lasse ihn doch besser hier. Aber nein, ich nehme ihn lieber wieder mit.
B: Okay. Hier sind 3 Gläser. Ich werde sie jetzt füllen.
A: Nein, das mache ich selber, du machst dich sonst schmutzig.
B: Na gut, dann stelle ich die Gläser hier hin. (Stellt sie auf den Tisch)
A: (lässt ihren Eimer los, nimmt die Gläser, schraubt sie auf und riecht hinein.) Sind die sauber? Riechen die etwa?
B (sanftmütig): Sie kommen gerade aus der Spülmaschine.
A.: Gut, dann hol mir mal einen Löffel.
B (holt einen Schöpflöffel): Hier, ein Schöpflöffel.
A: Nein, den doch nicht. Das ist ja eine concha. Ich brauche einen Suppenlöffel (ein colher de sopa). (Sie kratzt emsig im Eimer herum) Nein, hier auf dem Küchentisch machen wir das nicht, wir gehen ans Spülbecken. (Dort kratzt sie weiter im Eimer herum)
B (trägt artig die Gläser hinterher) Geht es so?
A: Nein, stell die Gläser nicht hier hin, stell sie nach rechts. Nein, lass sie doch lieber stehen.
B: Warte, ich hole dir einen Trichter, falls es kleckert.
A. (schmeißt ihn empört weg) Nein, den brauch ich nicht, der wird nur schmutzig, das rote Mus färbt so sehr. Ich kleckere nicht. (Zwei Löffel Mus fallen neben das Glas)
B (entsetzt): Oh!
A ( aufgeregt): Hol mir Papier! Los! Schnell!
B: Nimm doch lieber den Trichter.
A: Nein, ich will keinen Trichter! (wischt mit dem Finger das verkleckerte Mus ins Glas) So, fertig.
B: Schön, ein Glas ist voll.
A (begutachtet das erste Glas): Das ist wirklich sehr gutes Paprika-Püree. Das kann nur ich so gut. Ich verwende das für die Soßen beim Schmorbraten.
B: Jetzt das zweite Glas.
A (prüft das Glas und kleckert erneut manches daneben): Bring mir noch mehr Wischpapier!
B läuft los und holt Papier, A wäscht liebevoll das saubere Glas noch sauberer (das Wasser spritzt ) und kratzt im fast leeren Eimer. Trotz emsigen Kratzens gibt es nur noch wenig Mus und so wird das Glas nur halbvoll. A betrachtet es verzückt.
A: Es wäre doch wirklich zu schade gewesen, das wegzuwerfen.
B: Kann ich die Gläser jetzt zuschrauben?
A: Nein, warte. Das mach ich selber. (A schraubt ein Glas zu, B ebenfalls. A reißt B das Glas aus der Hand und schraubt es wieder auf und wieder zu.): Du musst das ganz fest zuschrauben.
B: Hab ich doch gemacht! Jetzt sind wir fertig.
A: Ach, wir müssen noch eine Ölschicht darüber gießen, um das zu konservieren. Hast du mal Öl?
B: Olivenöl ?
A: Ja, so hat man das früher immer gemacht. Das hat den ganzen Winter über gehalten.
B holt eine Flasche Olivenöl, schraubt ein Glas auf und gibt einen Schluck Öl auf die Masse.
A: Halt, nicht so viel, das ist genug !
B schraubt das Glas zu.
A nimmt das Glas, schraubt es wieder auf und schaut es prüfend an: Da muss noch ein bisschen mehr drauf.
A nimmt B die Flasche aus der Hand und gießt noch einen Schluck darüber und sagt hochzufrieden: SO!
(Sie schraubt das Glas wieder zu und stellt es auf einen anderen Platz, wo es besser zur Geltung kommt) Das zweite Glas befüllt sie gleich selber mit Öl.
A: So, wunderbar. Freust du dich?
B (total erschlagen): Ja, sehr. Danke! Schaut sich in der Küche um, die ein rot bespritztes Schlachtfeld ist. Auch Anas Arme sind voll verschmiert mit rotem Mus.
A. Jetzt muss ich aber schnell gehen. Mein Besuch, der alte Senhor Carlos, wartet, den habe ich vor der Tür stehen lassen, weil ich dir das schöne Mus bringen wollte. Meine gute Massa de Pimenta. Ich hab nämlich gesagt zu ihm: “Das bringe ich noch eben meiner Freundin. Warte hier kurz”.
B: murmelt: Ja, tut Gutes und redet darüber. laut: Also, dann nochmals vielen Dank. Ich bring dich noch zum Hoftor.
A: Auf dem Weg zum Hoftor wirft sie einen prüfenden Blick auf die Blumentöpfe: Seltsam, dass die bei dir blühen, meine haben in diesem Jahr zu viel Regen abbekommen.
(Sie zupft bei 3 Orchideen die vertrockneten Blätter ab. Sie geht. Das Hoftor knallt zu).
B bricht auf einem Stuhl zusammen.
Herrlich, ich muß so lachen darüber. Und kann es mir lebhaft vorstellen.
EIne tolle Szene für beginnenden Altersstarrsinn.
Katharina
Hervorragend, eine echt nachzuspielende Szene aus einem noch schreibenden Dramolett namens :” Meine roten Alpträume”. Wir machen die Uraufführung! Habe laut gelacht. Beijinhos enormes.. Harry
Lach- und Sachgeschichten
haha, ja, liebe Barbara, das hast Du absolut voll getroffen! Einfach das echte Leben in Carregosa