Epiphanias

Verfasst am: 15. Januar 2011 von Barbara 1 Kommentar

Epiphanias

Am Sonntag Epiphanias marschierte die mexikanische Missions–Schwester mit dem goldenen Stern von Bethlehem in den Gottesdienst, mit unserem funkelnden goldenen Stern, den wir schon wieder beim Sakristan aufbewahrt hatten.

Nach der Eingangsliturgie forderte sie die Gottesdienstbesucher auf, ein bisschen weiter nach vorne zu kommen: "Setzen Sie sich doch bitte in die ersten vorderen leeren Reihen, bitte, kommen Sie doch da hinten aus der Ecke hervor und hier nach vorne zu mir. Es geht doch darum, dass wir eine  Einheit, eine Familie und Gemeinde Gottes sind. Kommen Sie, ich tue Ihnen nichts!"  Aber nach langem Locken und Werben erhoben sich nur zwei Frauen und schubsten sich kichernd in die zweite Reihe.
Die anderen entschuldigten sich später verlegen lachend nach der Missa, dass sie sich doch so an ihre Sitzplätze gewöhnt hätten und einfach nicht nach vorne kommen könnten aus Gewohnheit und dass es ja kein böser Wille sei, aber sie seien nun mal so…

Die Schwester las den Weihnachtstext von den Heiligen drei Königen, die dem Stern von Bethlehem gefolgt sind, nahm dann den Stab mit dem Stern und ging durch die Reihen. Dabei erzählte sie, wie wir vor einer Woche hier in der Kirche diese Geschichte gespielt haben und wie lebendig das alles geworden ist: "Zuerst hat der Engel, das war Liliana, die frohe Botschaft verkündigt." Dabei lächelte sie Liliana zu und fragte immer wieder: "Erinnert ihr euch? Wißt ihr noch?
Dann sind die Hirten nach Bethlehem gelaufen, ja, die Hirten waren die Ersten, und haben vor der Krippe gekniet, und dann später ist der Stern vor den Weisen hergezogen, das war Lukas, der den Stern trug. Und die drei Weisen kamen mit ihren Geschenken und haben dem Kind gehuldigt. Was war das für ein prächtiges Bild.
Und wie glücklich können wir sein, dass wir das  in unserem Dorf seit 11 Jahren und auch diesmal wieder so bildhaft gefeiert haben.
Es ist in Portugal eine ganz alte wichtige kirchliche Tradition, dass man die Geburt Jesu und die Anbetung der Heiligen drei Könige lebendig darstellt. Gerade in Portugal, wo die Marienfrömmigkeit so tief verwurzelt ist, wo Maria, die Mutter Jesu,  als Patronin des Landes verehrt wird, ist die Geschichte des Presépio ao vivo, des Krippenspiels, uralt und steht im Mittelpunkt des christlichen Lebens.
In allen Familien wird hierzulande zur Adventszeit eine Krippe aufgestellt und mit großer Liebe gebaut, nicht wahr, Sie haben auch so eine Krippe, in allen Dörfern hier herum sieht man Krippendarstellungen in Lebensgröße: Die Heilige Familie und Ochs und Esel.
Die größte Krippe Europas steht in Braga, wo der Primas sie in einem feierlichen Gottesdienst segnet.
Diese kirchliche Tradition wird auch nicht in unserer säkularisierten Zeit untergehen, solange es Dörfer wie dieses gibt, wo seit Jahren mit Liebe und Hingabe die Weihnachtsgeschichte gespielt wird."

Ich bewunderte diese kleine Mexikanerin, die aus ihrer Heimat bestimmt solche kirchlichen Traditionen und fröhlichen Feste zu feiern gewöhnt ist, wie sie die Ereignisse aufarbeitete und das Engagement der Dorfbewohner würdigte. Mit ihrem pädagogischen und missionarischen Charisma überzeugte sie die Gemeinde. Alle waren glücklich und bedankten sich gegenseitig und umarmten sich, während die Ordensschwester mit ihrem Stern dastand und verkündigte: "Dieser Stern ist das Licht, das mit Jesus in die Welt gekommen ist, und wer diesem Stern folgt, der ist auf dem richtigen Weg!"

Der Chorleiter stimmte ein Lied an, dessen deutsche Melodie "O Tannenbaum, o Tannenbaum…"  vom wundersüßen Licht "O luz do luz, o doce luz que brilhas nas eternas" erzählt und uns mit diesen vertrauten und leuchtenden Klängen nach Hause geleitete.

Eine Antwort

  1. volkmar schreibt:

    Wahrscheinlich sehen "Ausländer" wie die mexikanische Schwester und Ihr die Situation besser als die Einheimischen.
    In der Tat bildet ja die Krippe mit den Heiligen Drei Königen und dem Stern eine uralte kirchliche Tradition. Bei den Protestanten mit dem Quempas-Singen, aber vor allem in katholischen Gegenden.

    Die Frage ist also nicht die, wie man eine Krippengeschichte unter das Volk bringt (da habe ich mich offensichtlich im vorigen Beitrag geirrt), sondern wie man eine gute alte Tradition lebendig erhält. Und da hat die Schwester ihr Verdienst, wenn sie Eure Anstrengungen richtig würdigt.

    Meine Frage ist auch, wie man gegen den Traditionsverlust angeht. Dass er selbst die portugiesischen Dörfer am Rande Europas bedroht, finde ich erschreckend. In Mitteleuropa ist der Säkularisierungsprozess ja schon weiter fortgeschritten. Hier fragte neulich jemand  (eine junge Deutsche), was dieser Feiertage denn mit "Weihnachten" zu tun hätten. Es ginge doch um Essen, Geschenke und Freizeit.

    Wie holt man also die Portugiesen und anderen Europäer vom Gänsebraten etc. weg zur Krippe?
    Vielleicht kommt ja nach Mitteleuropa auch eine ausländische Schwester mit ein paar anderen Ausländern und erklärt uns unsere alten Traditionen.

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