Die Zulassung Via Verde

Verfasst am: 5. Dezember 2010 von Barbara 1 Kommentar

Die Zulassung

Wir haben sie!
Wir haben endlich die Zulassung  für die automatische Einbehaltung der Gebühr (péaje) bei der Benutzung der Autobahn.
Mein redlicher Gatte hat seit 15. Oktober darum gekämpft und die widerwärtigsten Hürden genommen, aber seit Dienstag, dem 30. November – noch nicht Dezember! -, haben wir das kleine Kästchen, das vorne im Auto liegt und die anfallenden Mautgebühren registriert, die nun automatisch vom Konto abgezogen werden.

Am Dienstag fuhr Hagen um 6:00 in der Frühe los, um eine der begehrten Eintrittskarten zu ergattern. Er kam in dunkler Nacht und bei Regen vor dem Amtsgebäude in Aveiro an. Dort wartete schon tatsächlich eine dunkle Gestalt bei den Müllcontainern. "Warten Sie hier auch auf eine Marke für die Abfertigung?" Jaja, er warte hier auch, sagte der dunkle Kapuzenmann. Man unterhielt sich über die Probleme der wuchernden Bürokratie, des Wasserkopfes von Verwaltungsbeamten im Staatsdienst und über die schrecklich vielen anderen Probleme Portugals.
Es wurde 8:30.
Immer mehr Interessenten kamen an und standen im Regen vor verschlosser Tür. Aber keiner murrte oder randalierte. Alle blieben höflich und ergeben stehen. Allerdings schien die Öffnungszeit noch lange nicht gekommen.
Plötzlich holte der dunkle Kapuzenmann aus seiner Jacke einen kleinen Block mit Nummern und begann mit der Verteilung der heiß begehrten "senhas", der Marken. Er hielt den richtigen Zeitpunkt für gekommen, ohne sich vorher geoutet zu haben. Und diese Aktion war reine Privatsache. Er hatte das kleine Abreißblöckchen mit Besuchernummern ganz privat und vorsorglich dabei, um den großen Andrang irgendwie zu steuern.
Er nahm sich die Nummer 1, Hagen bekam die Nummer 2 und alle wurden gerecht nach dem Zeitpunkt des Erscheinens bedacht.

Um 9:00 Uhr schloss ein Angestellter endlich die Türe auf, und die Antragstellerschar ging in geordneter Reihe zum Abfertigungsschalter. Dort zog sich jeder eine Marke aus dem zuständigen Apparat.
"Ich denke, der Apparat ist defekt?", fragte Hagen verwundert. "Er ist doch seit Wochen defekt."
"Nein, nein, man hat nur zur Vorsicht ein Schild angebracht, weil sich alle Leute so unkontrolliert darauf gestürzt haben. Und so geht es ja nicht. Da muss System rein", sagte der dunkle Kapuzenmann, und man staunte noch mehr über seine kluge wohldurchdachte Maßnahme.

Die Abfertigung – immerhin als Zweiter an diesem Tag – nahm noch viel Zeit in Anspruch, dann wurden die Papiere geprüft, die Autonummer und der Pass und das Konto, dann musste man 50 Eros hinblättern und bekam endlich das kleine Kästchen ausgehändigt.

Mit diesem ging der stolze Besitzer zur Bank und ließ es freischalten.
Es war 11:30.
Jetzt ein cafésinho.

Seitdem umfahren wir weiterhin alle Mautstellen und fahren auf sparsamen Dorfstraßen wie vorher. Aber wir haben das Kästchen für Via Verde!!

Eine Antwort

  1. volkmar schreibt:

    Da wundert man sich wirklich nicht, dass die portugiesische Wirtschaft nicht mit dem übrigen Euroland konkurrieren kann. Von einer solch aufgeblähten und ineffektiven Verwaltung profitieren Scharen von Schmarotzern.
    Lustig ist das allenfalls für Ruheständler wie wir.
    Ob die Portugiesen aber wohl wirklich unseren effektiven und nüchternen Lebens- und Arbeitsstil haben wollen?

    Die Franzosen in meiner Umgebung bewundern zwar die Deutschen wegen ihrer Erfolge, möchten aber auf keinen Fall mit unserer Art tauschen, um zu ähnlichen Resultaten zu kommen und verzichten gerne auf Wirstschaftserfolge.

    Die Portugiesen schätze ich ähnlich ein, – und finde sie für den Urlaub wunderbar.

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