Palmsonntag 2010

Verfasst am: 29. März 2010 von Barbara 1 Kommentar

Festa dos Ramos
Palmsonntag 2010

Am Morgen des  Palmsonntag – 1 Stunde früher, Sommerzeit – gingen wir schon zu 9:30 Uhr in die Kapelle und haben unsere Ramos – Sträuße aus Olivenzenweigen, Rosmarin, Iris und Levkojen mit einem dunkellila Trauerflor – segnen lassen und sind dann singend aus der Kirche und zum Kreuz  (wo statt INRI noch immer  "Festausschuss" geschrieben steht) vor Lurdes’ Laden prozediert: Gloria, honra e louvor por Cristo, Rei e Redentor! Die großen Palmwedel am Eingang der Kirche sind wirklich sehr dekorativ. Man säbelt einfach einen Zweig ab und schon ist alles zum Einzug Jesu in Jerusalem bereit, Hosana nas alturas.
Während der Missa saßen vorne im Altarraum die drei Mordomos, die bei der Prozession vorneweg das Kreuz und die Laternenampeln getragen hatten. Toni, Luis und Dorindo mit roten Umhängen und ernsten Gesichtern. Sie standen da wie die Grabwächter und hielten sich an ihren Laternen fest, oder sie saßen ernst und gefasst und umklammerten mit schweren Händen ihr Kreuz oder die Laternenstäbe. Diese ernsten Gesichter, die ich nun schon so viele Jahre kenne, – welch ein Bild, ich möchte niemals vergessen, wie sie da wie die Wächter bei Jesus stehen und gegen den Schlaf ankämpfen.
Nach kurzer Mittagspause (grüne Bohnen) sind wir mit Arcindo nach Fatima gebraust. Hagen hatte ganz listig gefragt, wer denn wohl aus  dem Dorf mitkommen und Sinn und Interesse für das Requiem über den Henrique Infante haben würde, não sei, meinte Arcindo, da gibt es wohl sonst keinen, er aber komme mit.
Das Requiem sang die Schiersteiner Kantorei unter Martin Lutz, es ist komponiert von Padre dos Santos von der Lapa in Porto. Uns hatte allerdings leider keiner informiert. Sicher weiß keiner mehr, wer diese Traumbrücke nach Portugal gebaut hat. Doch alles war plötzlich wie vor 23 Jahren, als  wir zum ersten Mal als Kantorei nach Portugal reisten, es war Ostern, wir sangen in Braga und Porto die Matthäuspassion, die weißen Kallas blühten. "Und allem Anfang wohnt ein Zauber inne…"
Diesmal war der 1. Auftritt des Chores in Fatima, a tarde um 15 Uhr, laut Plakat. Das Konzert fand in der neuen riesigen Basilika SS. Trinidade statt, eine Kongreßhalle, die 9.000 Plätze hat. Dort vor der goldenen Wand, die den Einzug ins goldene Jerusalem darstellt, dort unter dem Lamm und dem Kruzifixus wurde musiziert. Fatima war total überlaufen von Kreuzweg-Gruppen und Familien mit Palmsträußen und Radlern. Ein strahlender Sonntag und ein strahlend blauer Himmel ließen die Herzen frohlocken.
Echt portugiesisch begann es natürlich erstmal überhaupt nicht: Eine Dreiviertelstunde hörten wir uns noch die Probe an, dann gab es eine kleine Pause, dann sagte jemand, es geht gleich weiter und das Konzert beginne bald, dann ergriff Padre Santos das Wort und erklärte, wieso diese magnifica Kantorei aus Wiesbaden/Francoforte sein portugiesisches Werk aufführt, dass das Goethe-Institut die Musiker bezahlt, und was das Requiem sagen will, außerdem: der Krach des Orchesters stelle die Sünde dar und der Schluss heißt: Christus siegt. ("Schesusch venze!")

Der Chor (80 Personen) sang wirklich wunderbar, außer Friederike, Simone und P. Mohn erkannte ich keinen, es ist natürlich eine ganz andere Generation  als vor 23 Jahren. Aber wunderschöne Stimmen haben sie, und die Sopranistin Heidrun Kordes und Berthold Possemeyer als Bass gaben ihr Bestes.

Es war wunderschöne Musik, auch Arcindo war sehr beeindruckt, er verstand alles und war stolz auf "seinen" Nationalhelden Henrique. Die müssen doch jetzt nach dieser Leistung furchtbar canzado sein, sagte er immer wieder. Er selbst wurde in den 2 ½ Stunden Zuhörens auch ein bisschen von der Mittagsmüdigkeit übermannt.

Die Heimfahrt mit Umwegen über Batalha durch das frühlingsgrüne Portugal deutlich: In den 23 Jahren hat sich alles verändert, es gibt kaum noch verfallene Häuser, man sieht nur Neubauten und fährt auf guten Straßen, aber die Kallas blühen wie damals, die Bäume sind maienfrisch und voller Blüte und die Wiesen sind grün.

Eine Antwort

  1. Helga Giebelhausen schreibt:

    Palmsonntag, Dia dos Ramos, ist in Portugal auch für die Kinder ein ganz besonderer Tag. Wie wir, eigentlich jeden Tag im Herzen, Jesus Palmzweige voller Freude zu Füßen legen möchten (und es nach dem sogenannten Tod auch auf der anderen Seite des Lebens tun möchten, wie es uns in der Offenbarung 7:9 gezeigt wird "…angetan mit weißen Kleidern und Palmzweigen in ihren Händen"), so schenken die portugiesischen Kinder am Palmsonntag den Patenonkeln und -tanten einen Blumenstrauß. Dia dos Ramos ist ja der Sonntag vor Ostern. Zu Ostern bekommen dann die Patenkinder von Onkel und Tante Ostereier und ein Geschenk.
    Oft hat ein Kind eine Patentante aus der einen Familie und einen Patenonkel aus einer anderen. So beginnen die Vorbereitungen und die Planung der Besuche schon lange vorher, denn am Palmsonntag müssen Onkel und Tante zu einer bestimmten Zeit bereit sein, die Blumen zu empfangen. Das kann ja nicht auf einen anderen Tag verschoben werden.
    Wenn jemand sich in Portugal am Palmsonntag über die überfüllten Blumenläden oder auch den Verkehr auf den Straßen wundert, hier die Erklärung. Nicht alle Eltern haben nur ein Kind. Für eine Familie mit 3 oder mehr Kindern bedeutet das praktisch, dass sie am Palmsonntag nichts anderes tun können, als von einer Familie zur anderen zu fahren, mit vielen Blumensträußen im Auto.

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