Ein Moment des Glücks

Verfasst am: 18. Januar 2010 von Barbara 1 Kommentar

Ein Moment des Glücks

Es gibt wohl doch kurze Momente des Glücks im Leben. Manchmal sind sie so stark, dass man noch im selben Augenblick spürt, wie glücklich man ist, und mit jenen Dichterworten denkt: Verweile doch…

Ich habe gerade erlebt, dass das Glück so lange dauerte, wie  ein Streichholz brennt. Und  ich möchte behaupten, dass dieser Glücksmoment auch für die portugiesischen Männer galt, die im Café saßen und ein Geburtstagslied sangen, bis das Streichholz heruntergebrannt war.
An Hagens Geburtstag hat es plötzlich nach tagelangem Dauerregen am Abend nicht mehr geregnet, und da konnte er sich doch noch seinen Weihnachtstraum-Traum erfüllen, nämlich nach der Chorprobe um 22.30 Uhr ein Feuer auf dem Kirchplatz zu machen und Glühwein zu trinken. Das Üben der Lieder für die Sonntagsmesse konnte der Maestro sehr schnell erledigen, er nannte die Nummern im Gesangbuch und wir nickten: "Können wir!" und diktierte den Psalm und wir nickten: "Wissen wir!" und das wars.
Danach entzündete Hagen das Feuer mit trockenen Weinrebenbündeln, trockenen Eukalyptus- und Pinienzweigen, die einen angenehmen weihrauchartigen Duft verbreiteten. Dann gab es den duftenden Glühwein, der mit großer Skepsis angenommen wurde. "Nao gosto!" Sie tranken lieber Orangensaft von Lidl. Natürlich wollte auch niemand Kuchen oder Wurst, der Teller wurde seltsamerweise aber doch schnell leer. Danach gingen wir mit einer vollen Thermoskanne ins Café, wo 6 gestandene Männer Karten spielten. Das Geburtstagskind erklärte ihnen, es habe Geburtstag und möchte ihnen ein deutsches warmes Gebräu anbieten. Einige tranken artig ihren kleinen Becher aus, andere stellten ihn später höflich beiseite. Und dann sangen sie sogar spontan, in der einen Hand ihr Blatt, in der anderen ihren Glühwein- man glaubt es nicht – sie sangen heiser, rau und ungeübt "Parabems… happy Birthday to you", aber da wir keine Kerze für den Jubilar hatten, zündete ich ein Streichholz an und hielt es vor ihn hin, und als die Skatbrüder merkten, dass das Hölzchen zu Ende geht und ich mir gleich die Finger verbrenne, sangen sie ganz schnell die 2. Strofe bis "salva das palmas", und Hagen pustete das Flämmchen aus und alle klatschten fröhlich in die Hände und lachten laut und unbeschwert über ihren wohlgelungenen und völlig ungewohnten Gesang, der genau so lang währte  wie das Streichholzflämmchen.

Aber irgendwie klang das noch lange nach, es – was war das eigentlich, dieses "es"? Was war das gewesen? – es hatte uns alle so froh gemacht und gelöst und erheitert. Einfach glücklich. Ich glaube, das war ein Moment des Glücks.

Eine Antwort

  1. Volkmar schreibt:

    Merkwürdige Dialektik des Glücks: Man muss es vorbereiten, dafür arbeiten (das Feuer auf dem Markt brennt ja nicht von selbst), aber dann wird es einem doch geschenkt, in Form eines spontanen Gesangs und eines spontan angezündeten Streichholzes.

    Ich war hier von der katholischen Kirchengemeinde St. François d\’Assise eingeladen worden, einen Vortrag über Franz zu halten. Mir fiel auf, dass Franz von "dolcezza" redet, douceur, wenn er von der Erfahrung des Glücks redet. Mit "Glück" muss man dieses "Gefühl" der "dolcezza" wohl übersetzen. Franz gibt alles weg, überwindet den Ekel vor der Armut, und wird glücklich, über Kleinigkeiten, die Gott ihm schenkt.

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