Der Quempas confuso

Verfasst am: 19. Dezember 2008 von Barbara 1 Kommentar

Der Quempas confuso

Ja, der Quempas, der musste sich allerlei gefallen lassen: Er musste üble Nachrede ertragen und er musste mannigfache Kürzungen an sich vornehmen lassen und steht nun ziemlich vereinfacht, verstümmelt und verhunzt da.

In den vergangenen Tagen hatte sich der Chorleiter die Musik wohl endlich einmal angehört und kam nun zur nächtlichen Chorprobe mit einem Stapel neu kopierter  Liedtexte an. Na gut, jetzt hat er endlich die richtige Fassung, denn er hatte sich den Quempas-Text von uns per e-mail ("Habt ihr ischl oder worrelt?") schicken lassen und alle Verbesserungen eingearbeitet. Aber statt nun fröhlich zu proben und mit uns zu singen, spielte er erstmal für sich eine Melodie, die sich irgendwie nach Dr. Schiwagos Sehnsuchtslied oder Max Raabes "Hier tanzt Lulu" anhörte. Als nach 20 Minuten diese seltsame neue Melodie einigermaßen deutlich zum Vorschein kam, wurde dem Chor mitgeteilt, dass nur die ersten Strophen des Quempas einstimmig gesungen werden und anschließend vierstimmig der Schlussvers "Gottes Sohn ist Mensch geborn, hat versöhnt des Vaters Zorn." Der Mittelteil "Heut sein die lieben Engelein" wird fallen gelassen, die Musik sei zu "confusa". Er las den Text noch einmal mit so leiernder und geringschätziger Stimme vor, dass alle zustimmten: Naja, wenn unser großer Musiker das schlecht findet, dann wird es wohl so sein. So kann man den Menschen was einreden, keiner hatte vorher solche Meinung gehabt. Ich war ja schon froh, dass wir den Mittelteil des Quempas nicht nach Karel Gott "Weißt du, wohin die Träume alle ziehn" singen sollten. Allerdings  war ich beleidigt, dass der Quempas "confuso" sei, und habe laut gesagt, nein, die Musik nicht…

Und daraufhin sang er uns seine neue Entdeckung vor,  da reimt sich "Es fällt der Schnee" auf "Jesus ist geboren und starb für uns" und das im Walzertakt. Lächerlich. Aber wenn der Chorleiter mehrmals sagt, das sei viel schöner und so "poetisch", dann singen wir halt das poetische Walzerlied über den Schnee, den es hier gar nicht gibt. Und die Theologie bleibt draußen. Stimmt ja: Der Quempas ist nicht poetisch und portugiesisch ist er auch nicht, genau wie der schöne Satz "Alta Trinita Beata", für den wir so lange kämpften und den wir oft mehrstimmig vorsangen, – er wurde auch abgetan als "feio", hässlich.

Nun singen wir also den Schneewalzer von Dr. Schiwago – "Weißt du, wohin die Träume alle ziehn?"
Ich weiß es nicht.
Ich sehe sie nur zerplatzen und dahinfliehen.

Eine Antwort

  1. volkmar schreibt:

    Zu Weihnachten nur noch Schmalzgebäck!

    Die Weihnachtslieder, besonders die Volkslieder, wirken ja durch ihre Einfachheit so edel. Sobald sie überladen sind, verlieren sie ihre Qualität.
    Ich habe hier in Frankreich einen Vortrag über deutsche Weihnachtslieder gehalten. Mir fällt auf, dass das „Christliche“, also die Geburt des Erlösers, die Erlösung, möglichst in den Hintergrund gedrängt wird, bis gegen Null. Man höre nur einmal die entsetzlichen „Amigos“.

    Aber zum Quempas. Man wird wohl von deutschen Disteln kaum portugiesische Feigen ernten können,  wie an anderen Stellen auch. Es handelt sich wohl um ein Problem der Inkulturation. Aber im Mittelalter sang man den Quempas ja lateinisch, man hatte doch eine weitgehend gemeinsame Kultur. Zu der gehört auch die Randerscheinung Portugal.
    Aber wie wäre es denn mit folgender Strategie: Der Quempas wird ja eigentlich von vier Kindergruppen gesungen, die in jeweils einer Ecke der Kirche nacheinander ihren Part singen. Darauf antwortet die Gemeinde, das was schon der Chor macht.
    Ihr müsstet also, für das nächste Jahr?, eine Schullehrerin gewinnen, die das mit ihrer Klasse einübt.
    Dann kommen die Eltern, finden ihre singenden Kinder großartig, sie stimmen vielleicht sogar mit ein in den Chor.
    Und der Chorleiter geht von Schmalzgebäck zu gesundem Brot über!

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