Besuch im Krankenhaus

Verfasst am: 25. Oktober 2008 von Barbara 1 Kommentar

Krankenhausbesuch

Doch, ich war schön öfter im städtischen  Krankenhaus, das man hierzulande als "Haus der der Gesundheit" (casa da saúde)  bezeichnet oder Hospital, was vielleicht etwas mit Gasthaus oder Gästeherberge zu tun hat. Doch, ich war schon hier – gracas a Deus nicht als Patientin! – , aber als Besucherin damals, als die Nachbarin krank war, eine andere operiert wurde, ein Junge sich das Bein gebrochen hatte, der alte Carlos eine neue Hüfte bekam, wir sind an den Besuchstagen immer mitgegangen, das ganze Dorf war vertreten und stand um das Bett herum, immer abwechselnd schoben sich die Dorfbewohner lächelnd oder mit ernstem Gesicht an der Bettstatt vorbei. Und den Kranken tat das gut, sie fühlten sich geborgen und von ihrem Dorf geliebt. Noch heute sagt uns der eine oder andere: "Du hast mich damals besucht, als ich im Hospital war, ich weiß das noch gut, das war sehr nett von dir."

Aber jetzt haben sich die Zeiten sehr geändert und solche Krankenbesuche haben sich ebenfalls verändert. Man trifft zwar bei einem Krankenhausbesuch noch das halbe Dorf an, aber man muss sich im Foyer versammeln und warten und Schlange stehen, auf den abgewetzten Plastiksesseln Platz nehmen und dort vorher schon mal die Informationen austauschen und sich zeitlich sehr begrenzen. Der labyrinthische Bau dieses alten heruntergekommenen Krankenhauses verfügt nämlich über eine ausgeklügeltes Kontrollsystem mit viel Personal und Eintrittskärtchen und zahlreichen Aufsichtspersonen.

Man strömt also zum Krankenhaus, darf das Auto aber nur in den Seitenstraßen oder auf dem Platz an der Uni parken, falls da noch ein Plätzchen zu finden ist, allerdings ist das Parken kostenlos. Dann kommt die erste Kontrollstation: eine enge Schleuse an dem Häuschen mit Wachtposten lässt nur jeweils eine Person passieren. Man geht über den Hof und durch die Glastür in die Wartehalle und wie im Flughafen an einigen Absperrungen vorbei zur Rezeption. Dort stauen sich die Massen bei zwei ziemlich genervten Damen, die mit der einen Hand in der Kartei blättern und mit der anderen das Telefon bedienen. Man zeigt seinen Personalausweis, der beurkundet, dass man mit der erkrankten Person auf der Station verwandt ist, andernfalls hat man keinen Zutritt. (Wir wurden als ausländische Freunde der Ehefrau gnädigerweise zugelassen.) Da aber nach dem derzeit herrschenden Gesetz nur jeweils zwei Personen ans Krankenbett treten dürfen, wurden wir erst einmal vergattert: Es sei schon eine Besucherin beim Bett (ich fand es nett, dass hier die kranken Menschen nicht mit Nummern oder mit Krankheiten bezeichnet werden  - "der Blinddarm" oder "die Galle auf Station IV" , sondern als cama=Bett), also das betreffende Bett bzw. von den  verfügbaren 2 Kärtchen  sei schon eines vergeben (ja, das wussten wir, die Dona Fernanda kümmerte sich um den lieben António), jetzt dürfe also nur noch 1 Person hin. Damit überreichte die Senhora der Ehefrau ein gelb-rotes Kärtchen in einer Plastikhülle mit der Aufschrift "Med II –cama 29". Wir besprachen die Reihenfolge unserer Auftritte, brauchten aber eine Begleitung durch diese Gänge und Treppenhäuser und Verbindungsschächte, näherten uns der Kontrollstation und wurden tatsächlich angeschnauzt, weil wir doch nur ein einziges Kärtchen hatten. "Aber bitte, die Senhora muss mir doch den Weg zeigen", bat ich so ausländisch wie möglich (kein Problem!!).
"Na gut, aber gefälligst rapido", schnauzte der junge Kontrollposten.
So sausten wir also durch dieses Hospital, ich immer hinter meiner Ariadne her (ohne roten Faden, den hat sie schon längst verloren), die wie ein Wiesel mit schuldbewusster Miene an den Schreibtischen und Eingangstüren und drohenden Zerberussen vorbeihuschte, bis wir endlich bei Bett 29 ankamen.

Der Rückzug war genauso dramatisch.

Warum wohl diese Kontrollen nötig sind?
Vielleicht um der Infektionsgefahr vorzubeugen, denn wenn ganze Familienclans und Dorfgemeinschaften in die Krankenhäuser stürmen und ihre Bazillen, Bakterienstämme und Krankheitskeime mitbringen, ist das Risiko enorm. Man sagt ja, dass die meisten Menschen im Krankenhaus erst recht krank werden und durch irgendwelche zusätzlichen Infektionen sterben.
Bett 29 möge bitte davon verschont bleiben, für Bett 29 wandern wir nun alle zum S. Gregório, da braucht man kein Kärtchen.

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