Szenen aus dem Landleben

Verfasst am: 2. Oktober 2008 von Barbara Keine Kommentare

Szenen aus dem Landleben

Erste Szene: Er steht mit seinem Fahrrad an der Kreuzung, da, wo der Weg aus dem Wald ins Dorf führt. Er sichert den Verkehr, obwohl da keiner ist. Er beobachtet die Situation, ob Gefahren drohen oder ob vielleicht ein Bekannter vorbeikommt, mit dem man ein bisschen reden kann. Aber niemand kommt, alles ist ruhig, die Lage ist klar. Also steigt er auf und fährt fröhlich und mutig voran, denn das nachfolgende Gefährt  kann ungehindert die Dorfstraße befahren.
Das nachfolgende Gefährt ist ein zweirädriger Karren, hoch beladen mit Streu aus dem Pinienwald. Es ist so hoch beladen, dass man das Zugtier davor erst entdeckt, als man es überholt. Das Zugtier ist eine kleine magere krummgebeugte Frau. Sie zieht mit großer Anstrengung den Karren und kann kaum etwas sehen, sie folgt einfach ihrem Mann, wie sie das ein Leben lang getan hat.

Zweite Szene: Ein strammer Landmann  mit schwarzen Hosen und weißem Hemd  gondelt in der Septembersonne auf der Dorfstraße dahin. Er wird rechts und links von zwei Frauen eskortiert, die auch auf Fahrrädern fahren. Man sieht nur ihre sehr prallen Hinterteile und den großen Strohhut.
"Sieh mal, welch heiteres Bild: Cavalaria rusticana in Portugal", sage ich, "aber die dörfliche Cavalaria hat umgesattelt und zieht jetzt auf Stahlrössern ins Feld. Wie stolz der Mann ist mit seinen beiden …(ich suche ein Wort) … Strohhüten!"
"…Strohwitwen", verbessert mich Hagen.

Dritte Szene: Wieder ein hochbeladener Wagen auf der Straße zum Meer. Reisig und Piniennadeln und Heidekraut und Ästchen türmen sich auf dem Ochsenkarren. Wieder zieht eine Bauersfrau mit großer Kraft den Wagen,  aber erleichtert sehen wir ihren Mann hinter der Last. Er schiebt mit einer Stange den Wagen hinten an, er schiebt allerdings nur mit der linken Hand, denn mit der rechten leitet er sein Fahrrad, das er sofort ganz übernimmt, wenn es bergab geht oder wenn ihm ein Nachbar entgegenkommt. Dann geht er frei und locker mit seinem Fahrrad hinter dem Fuhrwerk her, als gehöre er gar nicht dazu, scherzt ein wenig mit dem andern Mann und denkt (falls er Lutheraner ist): Lass fahren dahin…

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