Telefonleitung

Verfasst am: 6. Mai 2008 von Barbara 1 Kommentar

Tagelang war unser Telefon – mal wieder – tot. Na gut, wir haben ja immer noch das Handy. Mit dem Handy können wir uns beschweren, bis die Batterien durchbrennen bzw. der Akku und die Karte leer sind.
Wir haben uns beschwert.
Weil das nämlich öfter passiert.

Früher haben wir die Schuld bei uns selbst gesucht und uns gegenseitig Vorwürfe gemacht: "Du hast den Hörer nicht richtig aufgelegt!" "Nein, du hast den Stecker falsch eingesteckt!" Oder so. Dabei war es jedesmal – ob Sie es glauben oder nicht – dabei war es jedesmal ein Fehler in der Station in Soza. In Soza muss nämlich jemand sitzen, der öfter die Leitungen falsch einstöpselt oder zusammenknotet oder verbindet. (Ich stelle mir das fast so vorsintflutlich vor wie in alten Filmen, wo ein "Fräulein vom Amt" an einer großen Schalttafel Stöpsel mal hier und mal dahin versetzte.)
Inzwischen sagen wir jetzt schon immer, wenn wir eine Havaria melden, die Telecomiker sollen bitte erstmal in Soza die Drähte sortieren, denn bei uns liegt der Fehler nicht. Bestimmt nicht. Trotzdem schicken sie uns immer einen Techniker auf den Hals, der hier im Büro die Bücherregale abrückt und alles untersucht, während wir die Augen zum Himmel verdrehen.

Heute kam also endlich ein schwitzender  dicker junger Mann – nach der neusten Mode hängen auch bei den Portugiesen die Jeans immer unterhalb des Pos in den Knien – und begann nach bewährter Methode alle Leitungen zu untersuchen und die Möbel zu rücken.
"So hören Sie doch", flehte Hagen beschwörend, "der Fehler  liegt in Soza, fahren Sie dahin und entwirren Sie dort die Drähte!"
Na gut, schließlich gab sich der Rapásch geschlagen und zog ab, er wolle sich melden, wir mögen bitte auf das Signal warten.
Wir saßen in der Sonne und warteten und warteten.
Einmal kam der Postbote auf seinem Mofa und brachte uns eine Handvoll Briefe und ein bisschen Reklame für das Pfingstmenü. Pfingsten! Endlich mal wieder ein Pfest, um tüchtig zu essen.

Dann klingelte das Handy: "Haben Sie mein Signal erhalten? Funktioniert Ihr Telefon?"
"Nein, hier funktioniert gar nix", sagten wir enttäuscht.
"Ich komme!", sagte der modisch behoste Moppel mit den rutschenden Jeans. UNd dann kam er und wackelte hier und ruckelte da und drückte die Knöpfe und  -
da ging wieder alles!
Gracas a Deus.
"Woran hat es denn gelegen?" fragten wir und warteten siegessicher auf die Bestätigung, denn die in Soza…
"Nein nein, in Soza war alles in Ordnung", sagte der Techniker, "die Oberleitung war defekt, das heißt nur ein Draht war kaputt, der Draht für Ihre Telefonleitung, deshalb ging ja auch Ihr Internet, das war in Ordnung."
"Ja, und wieso war die Telefonleitung…?"
"Zerschossen", sagte er, "uma bomba."
"Was? Wieso?"
"Hat jemand die Leitung angeschossen", er zuckte die Achseln.
"Wie, etwa mit einer Freudenrakete?"
"Kann sein", sagte er und ging.

Nun frag ich dich: Ist das nicht zum Schießen? Das glaubt mir doch wieder kein Mensch…

Eine Antwort

  1. Volkmar schreibt:

    Wahrscheinlich haben da ein paar Jungen mit einem Katapult (so haben wir das genannt, andere sagen "Zwille": Eine Astgabel, zwei Gummibänder, die einen Lederlappen halten. Man legt einen Stein hinein und zielt dann auf etwas.) auf dei Isolatoren der Telefonleitung am Mast geschossen. War ein beliebtes "Spiel" in unserer Jugendzeit. Die blanke Leitung hat dann einen Erdschluss und ist tot.

    In abgelegenen Gegenden gibt es ja noch diese Freileitungen, und damit auch diese Schießübungen. Alles ein bisschen rückständig, daher wohl die Zurückhaltung des Monteurs.

    Vielleicht hat aber auch nur jemand den Kupferdraht geklaut und an die Chinesen verkauft.

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