Azulas Tagebuch 2

Verfasst am: 14. Juni 2007 von Barbara Keine Kommentare

Umzug

Drei Tage blieb sie bei ihren Babies, huschte manchmal kurz auf den Hof, trank ein wenig Wasser, mauzte uns klagend etwas vor, und plötzlich waren am vierten Tag die Kleinen verschwunden. Wo waren die geblieben? Sie konnten doch noch gar nichts sehen und noch gar nicht laufen! Ich hatte aber  irgendwann so ein feines Fiepen gehört. Hoffentlich hatte sie kein fremder Kater gefunden und gefressen! Hoffentlich hatte keine Ratte sie angefallen, ich habe da doch schon die schaurigsten Stories gehört!
Ich habe wirklich einen ganzen Tag gesucht. Ich habe alle Ecken und Winkel abgesucht.  Einmal hatten wir eine Katze gehabt, die wir dabei beobachteten, wie sie eines ihrer neugeborenen Jungen im Maul weggeschleppt hatte und im Schlafzimmer hinter das große Bett geschleudert hatte. Richtig so an die Wand geworfen hatte sie das blinde kleine Ding, weil sie wusste, da hinter dem Bettgestell war es in Sicherheit. Und mir fielen dabei natürlich Geschichten von unserer Flucht aus dem Osten ein. Damals versuchten so viele Mütter, ihre Babies zu retten und in Sicherheit zu bringen, arme hilflose Bündel… Immer wieder dieses Flüchtlingstrauma.
Wo mochte die Katzenmutter ihre Jungen hingeschleppt haben? Hoffentlich waren sie nur verschleppt und noch am Leben.
"Was machen wir denn eigentlich mit den Jungen?"
"Wir ziehen sie alle groß und lassen sie dann kastrieren oder sterilisieren", sagte der gute Vater und ich dachte, die Katze hat doch wirklich den richtigen Instinkt gehabt, sich hier einzunisten, sich gerade hier bei diesem Haushaltsvorstand einzuschmeicheln. Ich war völlig hingerissen von dem sicheren Instinkt dieses kleinen Tieres, sie war doch selbst erst ein halbes Jahr alt, wie ich vermutete.
Und ich suchte weiter.
Und fand nichts. Hörte auch kein Miauen, und die Mutter tat alles, um uns abzulenken, damit wir nicht da suchten, wo die Kleinen – vielleicht – waren.
Dann schlich ich mich mal auf den Boden unseres alten Hauses und lauschte in der Stille.
Und da hörte ich die Katze irgendwo leise schnurren.
Also musste sie hier oben sein. Und noch einmal schaute ich hinter und in alle Kartons, den mit dem Christbaumschmuck, den mit den Plastikblumen, den mit dem Stapel zusammengefalteter Umzugkartons.
Und da saßen sie  hold vereint:
Die kleine Mutter mit ihren vier Kindern. In einem 1,20 m hohen Karton, in dem kaum Platz war, in den kein Licht fiel. Ein herrliches Versteck! Dahin hatte das schlaue Tier nun seine Jungen im Maul verschleppt. Aus dem Weinkeller über den Hof die Treppen hinauf über den ganzen Speicher bis in die hinterste Ecke, und dann musste sie die dort hinauf transportiert haben und in den Riesenkarton geschleudert haben. Das war doch eine tolle logistische Leistung!

Von jetzt an konnten wir mit der Taschenlampe manchmal nach den Kleinen sehen und ihr Wachsen und Gedeihen beobachten. Und ich freute mich sehr, dass die Katze sich öfter zeigte, sich ihre Streicheleinheiten (besonders von Jochen) holte und  ihre Jungen von ihm bewundern ließ.

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