Krippenspiel 2005 / 5.

Verfasst am: 25. Dezember 2005 von Barbara 1 Kommentar

5. Akt: Finale (Katastrophe oder Lösung)

Die Kuh Amarela stand im beleuchteten Pferch, die zwei Weihnachtsesel waren da, zwei Zicklein ließen sich bewundern und ein schöner Hahn hatte neben einer aufgeplusterten Henne (eine Hühnerrasse, die dicke Federbüschel an den Füßen hat)auf einer Stange zum Schlafen Platz genommen.
Das Feuer loderte, alles war in strahlendes Licht getaucht. Es kamen viele Menschen, denn die Nacht war sehr milde. Nachher vom Chor aus zählte ich hundert Besucher, die ich sonst gar nicht treffe oder kenne, die auch nie zur Kirche kommen, aber im Dunkel der Nacht wagen sie eher, sich der Krippe zu nähern.

Es regnete überhaupt nicht.

Im Hof vom Küster begann ich die Engel anzuziehen (es waren nur 5 kleine niedliche Kinder da – die mexikanischen Schwestern waren ja im Laufe des Jahres verabschiedet worden), die Könige auszustaffieren und den Schwarzen zu bemalen. Carlitos mit seinem Kopfputz aus Lammfell sieht immer aus wie ein feuriger Kosake, Dorinda trug wieder ihren Strohumhang.

Der Padre Rektor (das ist der Dekan dieses Distrikts) kam herbei und begrüßte uns alle, er zerfloss vor Freundlichkeit und Wohlwollen. Er kann sich wirklich freuen, denn hier wird ihm ja wunderbar der Weg zu den Herzen der Menschen bereitet, er braucht nur noch huldvoll zu lächeln.

Der Ersatz-Organist hatte am Harmonium Platz genommen, seine hübsche Frau sang im Chor mit. Wir waren immerhin noch 10 Leute im Chor, die meisten guten Stimmen spielten ja jetzt in der Weihnachtsgeschichte mit.

Es begann.
Es "lief" ganz gut. Die Kuh hörte auf, sich zu wundern, und stieß mit den Hörnern nach den Eseln, die ließen sich aber nicht aus der Ruhe bringen. Die Menschen lauschten andächtig. Viele standen mit gefalteten Händen da und waren ganz in das Geschehen eingetaucht. Ich beobachtete aber auch einen jungen Familienvater, einen Dorfbewohner, der in Filzpantoffeln dastand, hin und wieder zuguckte und Zigaretten rauchte, etwas später griff er seine frei laufenden Kinder und ging wieder nach Hause – ein echtes Vorbild mit tollen Erziehungsprinzipien.

Die Hirten saßen mit ihren Textblättern am Feuer, wanderten mit den Textblättern zum Stall, lasen Satz für Satz vom Blatt ab, sogar solche Ausrufe wie "Seht, da ist der Stall! Und darin die Krippe!" Und der kleine Renato, der am Morgen noch so schön auswendig und laut gesprochen hatte, muss wohl gedacht haben, das mit den Textblättern gehört zu seiner Rolle dazu. Auch er las sein Sätze vom Zettel ab und wedelte die ganze Zeit mit diesen Textblättern herum.
Soll ich mich nun darüber ärgern, weil sie nie zur Probe kamen und die Sache anscheinend nicht ernst nehmen? Stimmt nicht, sie nehmen sie ja ganz ernst, sie sind wirklich mit dem Herzen dabei. Vielleicht kleben sie nur so am Text, weil sie so erzogen sind, alles nachzusprechen, was ihnen diktiert wird. So lernen ja die Schüler in der Schule hier.

Ach, es ist ja kein Theaterstück, sagte ich mir. Sie spielen hier nicht nur, sie leben das, sie erleben es. Der liebe Gott wird es mit Liebe ansehen.

Die Könige schritten majestätisch herbei, sie huldigten dem Kind, und alle Herzen flogen ihnen zu. Der Stern, von Gabriel getragen, strahlte, und Gabriels Mutter strahlte auch und schaute glücklich und stolz auf ihren Sohn.

Als wir uns mit unseren Liedern dem Ende näherten, fiel dem Padre ein, dass er doch das Kind aus der Kirche holen und küssen lassen könnte. Eilig liefen Küster, Paare, Hagen und zwei Männer zur Kapelle, holten die Stola, holten das Jesuskind, holten das Spitzentuch, kamen wieder – und die Küsserei begann. Der Padre ging zuerst zu  Maria und Josef, zu den Hirten, zu den Königen, zu den Engeln, streckte ihnen das Kind entgegen, ließ es von allen küssen, dann von der vorbeidefilierenden Gemeinde und schließlich von den Chorsängern.
Das bringt nämlich reichen Segen!

Die Mitspieler wanderten nun – Abgang -zum Küsterhof und zogen ihre Kostüme aus, alle wünschten sich Feliz Natal!, alle waren glücklich und froh: Es ist gut gelaufen, es hat gut geklappt! Also, bis nächstes Jahr!

Ich brauchte noch lange, um alle Klamotten wieder zu falten und wegzulegen, räucherte mit dem unaufhörlich qualmenden Weihrauch die Stallungen voll, trank ein bisschen Spumante gegen die Traurigkeit und dachte: So, das war es. Das war also Weihnachten 2005.

Eine Antwort

  1. volkmar schreibt:

    Erst mal herzlichen Glückwunsch zum Krippenspiel und seinem Gelingen. Ich hätte diese Geduld und den Ehrgeiz wohl nicht mehr aufgebracht. Kompliment!

    Aber diese Geburt war doch wohl eher eine Zangengeburt als eine Spontangeburt. Zuerst Steißlage, so quer lag der Ankömmling. Und dann nur widerwilliges Mitmachen der Kreißenden!
    Da kriegt ja der beste Geburtshelfer Zustände!

    Jetzt verstehe ich auch, warum bei den Geburten den werdenden Müttern oft "Lach"-Gas verabreicht wurde. Gibt\’s das heute eigentlich noch? Das würde den traurigen Saudade-Weihnachtsmännern vielleicht den entscheidenden Kick geben.

Eine Antwort verfassen