Nagel in Teller

Verfasst am: 28. Oktober 2005 von Barbara 2 Kommentare

Nagel in Teller

Also, das empfiehlt der Küchenchef der kleinen Speisegaststätte am Strand von Vagueira heute: "Nagel in Teller", was soll denn das sein? Hoffentlich nicht sein Fingernagel, der im Gulasch gelandet ist..

Kundenfreundlich und für die vielen deutschen Touristen hat das Lokal die Speisekarte ins Deutsche übersetzt. Wahrscheinlich hat das die hübsche flinke Bedienung gemacht, Senhora Paula, die in Deutschland aufgewachsen ist.
"Wo haben Sie denn da gewohnt?"
"In Gronau", sagt sie, "kennen Ihr das?"
Ha, und ob!

"Aber… habe alles vergessen… binne schon seit 14 Jahren hier in Portugal… binne verheiratet … isse Chef mein Mann", lacht sie. Wer so schön lacht, braucht nicht Deutsch zu reden, den liebt man auch so und verspeist gerne seinen "Nagel in Teller".

"Senhora Paula, was ist denn das hier für ein Spezialgericht ? Hier steht: Nagel in Teller, was ist das? "

Sie lässt sich, verlegen lächelnd, die Speisekarte geben, prüft die Stelle, überlegt und sagt stolz: "Isse prego na prata!"

Wir lachen erleichtert und erheitert. Das ist ja niedlich…

Ein Prego ist sowas wie ein Döner oder sowas wie ein Hamburger, aber natürlich ganz anders und sehr portugiesisch, es ist ein gebratenes Stück Fleisch, das in ein aufgeschnittenes Brötchen gelegt wird.
In den ersten Sommerferien haben unsere Kinder das entdeckt: Sie hatten Hunger und gingen in ein Lokal, wussten aber nicht, wie und was sie bestellen sollten. Sie setzten sich an die Bar, wo hinter der Glasscheibe so nette Häppchen zu sehen waren: petiscos und belegte Brötchen, und sie hörten genau hin, was die Leute da so bestellten. Als ein älterer Vertrauen erweckender Mann dann kurz und knapp "um prego" bestellte und ein großes frisches Brötchen mit einer duftenden Scheibe Fleisch serviert bekam, wussten Madleen, Hannah und Jakob genau, was sie von nun an zu essen wünschten, natürlich einen "Umbrego", und sie  bestellten sich jedesmal einen umbrego und schärmten uns davon die Ohren voll.

Irgendwie hörte sich das Wort nett an, wie Sombrero oder so oder umbela (Blütendolde), ich habe jahrelang geglaubt, ein Umbrego ist so ein fein belegtes frisches Brötchen mit einem Kotelett. Bis ich selbst mal ein Umbrego bestellte und Gelächter erntete, weil man nicht ein "Einbrötchen" oder  ein "Einbier" oder einen "Einkaffee"  sagt. Na gut. Man schreibt auch: Prego mit p. Das ist ein kurz gebratenes Stück Fleisch. Und man kann dasselbe auch auf einem Teller serviert bekommen und braucht es nicht im Stehen oder am Tresen zu verzehren.

Im Lexikon findet sich allerdings dieser köstliche Imbiss "Prego na Prata" nicht, da steht nur prego (m) = der Nagel, deshalb hat die nette Paula das "Brötchen auf dem Teller" ganz korrekt übersetzt: Nagel in Teller.
Guten Appetit.

2 Antworten

  1. Barbara schreibt:

    Natürlich haben Sie/habt Ihr alle längst bemerkt, dass weder die deutsche Übersetzung noch der portugiesische Urtext den Nagel auf den Teller äh, auf den Kopf trifft.
    Richtig müsste es nämlich heißen prego no prato, weil der portugiesische Teller ebenfalls männlich ist.
    Womit bewiesen ist, dass Emigranten – und deutsche Aushilfskräfte genauso – weder ihre Muttersprache noch die des arbeitgebenden Gastlandes beherrschen.
    Ai tristeza.

  2. volkmar schreibt:

    Ich hoffe, dass die linguistische Nagelprobe inzwischen nicht zu einer umlaufenden Entzündung des Bettes geführt und den Romanisten eine weitere Befestigung zu ihrem Sarg geliefert hat. Sonst können sie ihr Geschäft gleich an selbige hängen.

    So erweist sich also die portugiesische Sprache für Emigranten und zugewanderte Fakire als wahres Nagelbrett.

    Ob weiblich ob männlich, ob kurz gebraten oder well done: Bei mir kommt das alles nicht auf den Teller!

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