Der Segen der Väter

Verfasst am: 3. Juni 2005 von Barbara 1 Kommentar

Bei der nächtlichen Kerzenprozession zu Ehren der Senhora von Fatima wandert auch eine große Familie mit, die Sonntag für Sonntag in 5 Generationen in der Kirche vertreten ist. Der Vater ist der Vorstand vom Kirchengemeinderat, seine Frau verwaltet die Gelder für den Erhalt und Schmuck der Kirche. Ihre vier Kinder – zwei davon sind schon verheiratet und kommen mit ihren Sprösslingen zum Gottesdienst – singen entweder im Chor, auch manchmal als Psalm-Sänger,  oder gestalten die Feier als Lektoren mit. Ihr Großvater, der mit der alten kranken Großmutter treu zur Messe kommt, (sie sind also die Urgroßeltern dieser Familie), ist einer der ersten, der am Sonntagmorgen in der Kirche sitzt und betet.

Da sie alle sehr fleißig sind und arbeiten und schaffen, wirken diese Leute überhaupt nicht fromm oder weltfremd. Ganz im Gegenteil: Sie sind sehr natürlich und realistisch. Sie essen und trinken gern und viel, lachen und feiern oft, lieben Fußball, scheinen überhaupt wenig Schlaf zu brauchen, und was mich besonders wundert: Sie kommen immer mit heiler Haut davon, auch wenn sie manchmal schuldlos Opfer schwerer Unfälle wurden.
Sie bauen sich und ihren jungen Familien hübsche Häuser, nicht zu aufwändig, nicht unbescheiden, aber mit genügend Platz für viele Gäste und große Familientreffen. Der Tisch ist immer beladen mit gutem Essen, und man wird sehr genötigt, ordentlich zuzugreifen und kräftig mitzutrinken.

Diese ganze große Familie zog also wie seit Jahren in der Kerzenprozession mit: Der Vater trug die Standarte vorneweg, die Mutter trug mit den anderen drei Frauen die Statue der Nossa Senhora de Fátima, die jungen Söhne und Töchter schleppten ihre Kinder, wenn die nach langem Wandern müde wurden.

Und ich dachte über diese Leute nach, die so erfolgreich im Leben stehen, die als Familie so gut zusammenhalten, die alle so kräftig und gesund sind und sich Häuser bauen, während andere Familien zerfallen, sich zerstreiten, ihre Geschäfte in Konkurs gehen, Ehen kinderlos bleiben und geschieden werden und Großfamilien ganz ausgelöscht werden.

Was machen die eigentlich so anders als die anderen Menschen? dachte ich.
Wie kommt es, dass sie alle in der Kirche mitarbeiten?
Wie können sich die jungen Männer schon ihre eigenen Häuser bauen?
Wer ist hier eigentlich tonangebend und hält sie alle zusammen, ist es die Mutter, ist es der Vater?
Sind es die Urgroßeltern?
Die Urgroßeltern. Von denen weiß ich, dass sie arme, bescheidene und gottesfürchtige Menschen sind, ich weiß, dass der Urgroßvater früher schon immer betete, auch wenn alle über ihn spotteten. Er hielt alle Gebote, auch wenn es schwer war. Er arbeitete niemals am Sonntag und hielt den Feiertag heilig, auch wenn sein Arbeitgeber und Brotherr etwas anderes von ihm verlangte. Er stand mit seiner familie vor jedem Essen am Tisch und sprach das Vaterunser. Er vertraute der Hilfe Gottes. Es war ein Vater, der seine Kinder segnete.

Der Segen der Väter baut den Kindern Häuser, heißt es.
Das muss das Geheimnis sein.

Als wir am Sonntag nach der Kerzenprozession (die fand in der Maiennacht am Samstag statt) in die Kirche kamen, waren viele Plätze leer, weil diese gesamte Familie zum Wallfahrtsort Fátima gefahren war. Voll Bewunderung und Staunen und fast ein wenig Neid versuchten wir sie zu ersetzen.

Später las ich – wie zur Bestätigung – in den Losungen für den 31. Mai: "Ihr werdet am Ende doch sehen, was für ein Unterschied ist zwischen dem, der Gott dient, und dem, der ihm nicht dient." Maleachi 3, 18

Eine Antwort

  1. Katharina schreibt:

    Schade, dass man mir diese Geschichte hier in Deutschland nicht abnimmt. Darüber wird gelacht. Aber trotzdem ist sie wahr.
    Zeitzeugen gesucht! Ich glaub Dir !

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